Asylkrise: NGOs wollen zurück zu "geordneten Verhältnissen"

Symbolbild: Flüchtlinge
Symbolbild: Flüchtlinge APA/ERWIN SCHERIAU
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Sechs Hilfsorganisationen haben ihre Vorschläge für die Unterbringung, Versorgung und Integration von Flüchtlingen vorgelegt. Sie fordern ein Erstaufnahmezentrum in jedem Bundesland.

Die großen Hilfsorganisationen üben heftige Kritik an den Zuständen in der Flüchtlingsversorgung. Das Aufnahmesystem sei zusammengebrochen, seit Wochen würden Flüchtlinge in unzumutbare Notquartiere oder in die Obdachlosigkeit entlassen. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstag forderten Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz, Samariterbund, Volkshilfe und Hilfswerk daher umfassende Maßnahmen.

Rund 7000 Flüchtlinge befinden sich derzeit in Notquartieren, obwohl sie schon in der Grundversorgung sein sollten. Bis Jahresende fehlten noch rund 15.000 Grundversorgungsplätze, schätzte Walter Marschitz, Geschäftsführer des Hilfswerks. Hunderte Flüchtlinge seien von Obdachlosigkeit betroffen.

"Gravierende Probleme" gebe es vor allem bei den vielen Flüchtlingen, die keinen Zugang zur Grundversorgung haben "und direkt in die Obdachlosigkeit entlassen werden", sagte auch Diakonie-Direktor Michael Chalupka. Die Abklärung, ob es zu einem Asylverfahren komme, dauere statt der vorgesehenen 48 Stunden oft drei Monate, bei Jugendlichen bis zu sechs Monate. "Dieses System ist zusammengebrochen. Es funktioniert nicht mehr." Oberste Priorität müsse die sofortige Unterbringung der Menschen, die um Asyl ansuchen, sein.

Ein Erstaufnahmezentrum pro Bundesland

Dazu fordern die Hilfsorganisationen ein Erstaufnahmezentrum in jedem Bundesland, die Kosten dafür sollen die Länder übernehmen. In der Grundversorgung sollte dann aber der Bund 70 Prozent der Tagsätze zahlen. Damit würde auch ein Anreiz geschaffen, die Asylwerber möglichst rasch in die Grundversorgung zu bringen, so Chalupka. Erfüllt ein Bundesland die Quote, sollen die Asylwerber auf andere Bundesländer verteilt werden.

Erich Fenninger von der Volkshilfe sprach sich für die Anhebung der Tagsätze unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge von derzeit 95 Euro auf 120 Euro aus. Außerdem müsse insgesamt für eine größere Transparenz der Kostensätze und Tagsätze für Flüchtlinge und Asylwerber gesorgt werden.

Recht auf Deutschunterricht während Asylverfahren

"Die größte Herausforderung, die uns noch bevorsteht, ist, die zehntausenden Flüchtlinge und zu erwartenden Familienangehörigen in die Gesellschaft zu integrieren", sagte Marschitz. "Sehr verworren" sei die derzeitige Kompetenzlage etwa in Bezug auf die Deutschkurse, kritisierte Reinhard Hundsmüller vom Samariterbund. Er könne sich vorstellen, die Kompetenzen zentral beim AMS zu bündeln. Außerdem müsse das Recht auf Deutschunterricht auch für Menschen, die sich noch im Asylverfahren befinden, gelten.

Weiters brauche es dringend verstärkte Angebote der Traumabewältigung und der langfristigen Psychotherapie, sagte Bernd Wachter, Generalsekretär der Caritas. Neben Bildungsmaßnahmen und Unterstützung bei der Wohnraumsuche müsse vor allem der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht werden sowie frühzeitig Qualifikationen festgestellt und anerkannt werden.

Werner Kerschbaum, Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuz, forderte eine unbürokratische Familienzusammenführung. "Wir lehnen die derzeit geplante Verschärfung des Asylrechts in diesem Bereich ab", betonte er. Die Regierung müsse sich außerdem Gedanken darüber machen, was mit den Asylwerbern geschieht, deren Antrag abgelehnt wird, und die dann "ohne legalen Status, ohne Papiere und ohne Zugang zum Gesundheitssystem" in Österreich leben. Er forderte ein Maßnahmenpaket der Regierung für diese Menschen.

"Ziel der nächsten Monate muss es sein, wieder zu geordneten Verhältnissen zurückzukehren", sagte Marschitz. "Wir fordern die Bundesregierung auf, rasch mit einem Masterplan zu starten."

(APA)

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