Österreicher werden älter – und gesünder

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Die Lebenserwartung der Österreicher ist im Vergleich zum Jahr 1990 um 6,6 Jahre bei Männern und um 4,7 Jahre bei Frauen gestiegen. Auch die Einschätzung der Lebensjahre in guter Gesundheit hat sich deutlich verbessert.

Wien. 116 Jahre alt ist Susannah Mushatt Jones am 6. Juli dieses Jahres geworden. Damit gilt die New Yorkerin als ältester Mensch der Welt. Sie ist zwar fast blind und schwerhörig, nimmt aber laut „Guinness“-Buch der Rekorde nur zwei Medikamente pro Tag. Auf die Frage nach dem Geheimnis ihres Alters antwortete Jones: „Schlaf!“

Nun werden natürlich selbst bei einem außergewöhnlich gesunden Lebenswandel und auch guten Genen die wenigsten Menschen 100 Jahre oder älter. Noch nicht, zumindest. Denn sollte die Bevölkerung weiter von Jahr zu Jahr älter werden, ist eine durchschnittliche Lebenserwartung von 100 Jahren nur noch eine Frage der Zeit.

Noch 1970 wurde ein Mann in Österreich durchschnittlich 66,5 Jahre alt, eine Frau 73,4 (siehe auch Grafik rechts). Zehn Jahre später stieg die Lebenserwartung auf 69 bzw. 76 Jahre. 1990 betrug sie schon 72,2 bzw. 78,9 Jahre. Um die Jahrtausendwende stieg sie auf 75,1 bzw. 81,2 Jahre und beträgt mittlerweile 78,9 bzw. 83,7 Jahre.

Mehr Zeit in guter Gesundheit

Wie die aktuelle Österreichische Gesundheitsbefragung zeigt, erhöhte sich also die Lebenserwartung bei Männern in den vergangenen 14 Jahren um 6,6 Jahre, bei Frauen um 4,7 Jahre. Auch die Einschätzung der Lebensjahre in guter Gesundheit hat sich im Vergleich zum Jahr 1990 verbessert: Bei Männern stieg sie um 10,2 Jahre auf 65,9 Lebensjahre in guter Gesundheit und bei Frauen um 9,7 Jahre auf 66,6 Lebensjahre.

„Stellen Sie sich vor, Sie sind 65 Jahre alt. Anfang der Neunzigerjahre hätten Sie eine Restlebenserwartung von etwa 14,5 Jahren, davon sechs in guter Gesundheit. Heute kann ein 65-Jähriger noch mit mehr als elf Jahren guter oder sogar sehr guter Gesundheit rechnen“, sagt Konrad Pesendorfer, fachstatistischer Generaldirektor der Statistik Austria.

Den Ergebnissen der repräsentativen Erhebung zufolge hat ein Großteil der Österreicher mit chronischen Krankheiten zu kämpfen. Rund ein Viertel der Personen im Alter von 15 und mehr Jahren (also etwa 1,76 Millionen Menschen) leiden an chronischen Kreuzschmerzen oder einem anderen Rückenleiden. 1,75 Millionen Österreicher – Frauen häufiger als Männer – leben mit einer Allergie. An dritter Stelle der gesundheitlichen Probleme steht der Bluthochdruck: Rund 1,5 Millionen Menschen leiden akut an dieser Krankheit.

(c) Die Presse

Dauerhafte gesundheitliche Probleme führen laut der Gesundheitsbefragung auch dazu, dass rund eine halbe Million Österreicher bei ihren Alltagstätigkeiten stark eingeschränkt sind. Das hat zur Folge, dass 249.000 Personen ab 65 Jahren Schwierigkeiten bei der Ausübung von zumindest einer Aktivität der täglichen Körperpflege und Versorgung der eigenen Person haben.

Länger im Ruhestand

Im Vergleich der Industrienationen gehen Österreicher einer OECD-Studie zufolge früh in Pension und sind überdurchschnittlich lange im Ruhestand. Vor allem Frauen verbringen hierzulande mit 25,4 zu erwartenden Jahren besonders viel Zeit in Pension – ein Wert, der nur von Frankreich (27,2) und Belgien (25,8) übertroffen wird. Bei den Männern sind es 19,9 Jahre. Länger in Pension sind Männer nur in Frankreich (23), Italien und Belgien (je 21,1), Griechenland (20,5), Spanien (20,4) und Finnland (20,0). Im OECD-Schnitt können Männer mit nur 17,6 Jahren im Ruhestand rechnen, Frauen mit 22,3.

Das wichtigste Kriterium für ein langes und gesundes Leben ist wenig überraschend die Ernährung. Wer auf Alkohol und Zigaretten verzichtet, dazu nur wenig rotes Fleisch und Wurst isst und auf ein normales Gewicht achtet, lebt laut dem deutschen Krebsforschungszentrum statistisch bis zu 17 Jahre länger.

Tabak kostet neun Lebensjahre

Das günstigste Risikoprofil und damit die größte Lebenserwartung haben demnach Nichtraucher mit einem Body Mass Index (BMI) zwischen 22,5 und 24,9, die wenig Alkohol tranken, körperlich aktiv waren und wenig rotes Fleisch, dafür aber viel Obst und Gemüse aßen: Diese Menschen dürfen sich im Alter von 40 auf 47,5 (Männer) bzw. sogar 48,7 weitere Lebensjahre (Frauen) freuen.

Betrachteten die Wissenschaftler die verschiedenen riskanten Lebensstilfaktoren jeweils einzeln, schlägt das Rauchen am stärksten zu Buche: Raucht ein Mann mehr als zehn Zigaretten pro Tag, verliert er statistisch 9,4 Jahre an Lebenserwartung, eine Frau 7,3 Jahre. Auch ein moderater Konsum von weniger als zehn Zigaretten pro Tag reduziert die Lebenserwartung immer noch um rund fünf Jahre. Übrigens: Ein Mangel an körperlicher Aktivität machte sich nicht durch einen signifikanten Verlust an Lebenserwartung bemerkbar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2015)

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