Hofburg: Khol als Plan B nach Pröll-Absage

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In der ÖVP bahnt sich die nächste Überraschung an: Andreas Khol, einst Architekt von Schwarz-Blau, soll die Antwort auf Irmgard Griss und Alexander Van der Bellen sein.

Wien. Nach der Absage ist vor der Nominierung. Nachdem sich Erwin Pröll einigermaßen überraschend aus dem Rennen um die Hofburg genommen hat, braucht die ÖVP einen Plan B. Parteichef Reinhold Mitterlehner wünscht sich einen politischen Profi für diesen schwierigen Job – und seine überraschende Wahl scheint auf einen alten Bekannten der jüngeren österreichischen Geschichte gefallen zu sein: Andreas Khol, einst Klubchef unter Wolfgang Schüssel und heute Obmann des starken ÖVP-Seniorenbundes.

Als Verfassungsjurist und Universitätsprofessor wäre Khol eine adäquate Antwort auf die ehemalige Höchstrichterin Irmgard Griss und den grünen Professor Alexander Van der Bellen, der seine Kandidatur am Freitag bekannt gegeben hat. Daneben, glaubt man in der ÖVP, könnte der 74-Jährige auch FPÖ-Sympathisanten ansprechen, war er doch maßgeblicher Architekt der schwarz-blauen Regierung vor rund zehn Jahren. Khol ist ein Intellektueller, ein leidenschaftlicher Theaterbesucher, der bis hinein in die Wiener Künstlerszene Freundschaften pflegt. Auch das könnte Van der Bellen ein wenig Wind aus den Segeln nehmen. Vor allem aber: Im Gegensatz zu vielen anderen folgt Khol stets dem Ruf seiner Partei. Und er würde eine Niederlage verkraften.

Als zweite Option für den Plan B wurde Rechnungshofpräsident Josef Moser kolportiert – allerdings als gemeinsamer Kandidat von ÖVP und FPÖ. Das käme beiden Parteien billiger und hätte für Mitterlehner den Vorteil, dass auch die Freiheitlichen einen Dämpfer erlitten hätten, würde Moser die Wahl nicht gewinnen. Wahrscheinlicher ist aber die erste Variante, also Khol.

ÖVP zwischen Verwirrung und Ärger

Zwischenzeitlich wurden auch etliche andere Namen kolportiert: Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, der ehemalige Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle, die frühere steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic, die ehemalige Außenministerin Ursula Plassnik oder auch der aktuelle Justizminister Wolfgang Brandstetter. Sie alle wurden zwar genannt, aber von Mitterlehner nicht kontaktiert.

Ex-Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad, heute Flüchtlingskoordinator der Regierung, und der frühere EU-Kommissar Franz Fischler haben präventiv abgewinkt. Der EU-Abgeordnete Othmar Karas wäre nicht abgeneigt gewesen, ist aber chancenlos. Die ÖVP-Spitze um Mitterlehner hielt sich inzwischen bedeckt. Man verwies nur auf die Sitzungen der Parteigremien am Sonntagabend in Wien. Danach würde der Kandidat feststehen.
Der Gemütszustand der Partei und ihrer Basis hatte sich nach der Absage Prölls irgendwo zwischen verwirrt und verärgert eingependelt. Verwirrt waren alle außer einem kleinen Kreis um Mitterlehner. Kaum jemand hatte bis Donnerstagabend damit gerechnet, dass Pröll Nein sagen könnte. Verärgert waren vor allem die anderen ÖVP-Landeshauptleute, die nacheinander ausgerückt waren, um Pröll als bestmöglichen Kandidaten anzupreisen. Warum, fragten sie sich, hatten er und Mitterlehner nichts gesagt, wenn die Entscheidung schon seit Weihnachten feststand?

Offiziell nahm der Tiroler Günther Platter die Entscheidung dann bloß „zur Kenntnis“. Der Steirer Hermann Schützenhöfer und der Salzburger Wilfried Haslauer sagten lieber gar nichts. Nur der Oberösterreicher Josef Pühringer erklärte, Prölls Absage sei für ihn „nicht ganz überraschend“ gekommen.

Pröll hatte seine Gründe

Möglicherweise haben alle, ÖVP-Politiker wie Medien, einfach nicht gut genug zugehört. Immer wieder hat Pröll betont, dass die Hofburg in seiner Lebensplanung nicht vorkomme. Zur „Presse“ sagte er am Freitag: Der Aktionsradius eines Landeshauptmanns sei viel größer als der des Bundespräsidenten.

Das war nur einer der Gründe. Womöglich war Pröll auch zu dem Schluss gekommen, dass diese Wahl schwerer zu gewinnen wäre, als ursprünglich angenommen. Mit Irmgard Griss und Alexander Van der Bellen hätte er zwei Konkurrenten im selben, bürgerlichen Wählersegment. Und gegen den mutmaßlichen SPÖ-Kandidaten Rudolf Hundstorfer gebe es zumindest in Wien wenig zu holen. Da blieb Pröll lieber auf der sicheren Seite.
Auch die Erbfolge in St. Pölten soll eine Rolle gespielt haben. Pröll hatte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner zu seiner Nachfolgerin bestimmt, doch sein Stellvertreter Wolfgang Sobotka wollte das nicht kampflos hinnehmen. Niederösterreich wäre im politischen Chaos versunken. Dieses Risiko, heißt es, habe Pröll nicht eingehen wollen.
Kleiner Treppenwitz am Rande: Pröll und Khol sind nicht gerade die besten Parteifreunde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2016)

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