Kindergeldkonto: Geldzuckerl für Väter in Karenz

Väter in Karenz
Väter in Karenz(c) Clemens Fabry
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Familienministerin Sophie Karmasin präsentiert das neue Modell des Kindergeldkontos für mehr Flexibilität und eine höhere Männerbeteiligung.

Wien. Es ist die größte Reform des Kinderbetreuungsgeldes seit dem Jahr 2002. Die von der ÖVP nominierte Familienministerin Sophie Karmasin und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) sind sich grundsätzlich über die Grundpfeiler der Reform einig. Die bisher bestehenden vier Pauschalvarianten werden zu einem Kindergeldkonto umgebaut. Dadurch ist eine individuelle Aufteilung des Kindergeldes und mehr Wahlfreiheit möglich, sowohl für Paare als auch für Alleinerzieher.

Durch das neue Modell werden außerdem finanzielle Unterschiede der früheren Pauschalvarianten aufgehoben. Das soll eine faire Verteilung des Kindergeldes ermöglichen. So werden in Zukunft alle Eltern eine einheitliche Gesamtsumme von bis zu 15.449 Euro erhalten – unabhängig davon, wie lange das Kinderbetreuungsgeld bezogen wird. Das Kindergeldkonto ist zeitlich flexibel abrufbar. Zwischen 365 und 851 Tagen bei einem Elternteil und 456 und 1063 Tagen bei zwei Elternteilen.

Eine weitere wichtige Neuerung ist der Partnerschaftsbonus. Es können zusätzlich 1000 Euro für die Betreuung des Kindes bezogen werden, wenn sich die Eltern die Karenzzeit 50:50 aufteilen, mit einer Toleranz von zehn Prozent. Familienministerin Karmasin will durch dieses System auch einen finanziellen Anreiz schaffen und mehr Väter zur Kinderbetreuung motivieren.

Ein koalitionsintern großer Streitpunkt dieser Reform war jener Teil des Geldes, der nur für den zweiten Elternteil, vorwiegend also für Väter, reserviert ist. Dieser konnte bis jetzt nur bezogen werden, wenn der Vater durchschnittlich 16 Prozent der gesamten Karenzzeit in Karenz ging. Im Zuge der Reform wurde diese Zeitspanne nun auf 20 Prozent erhöht. Heinisch-Hosek forderte im Sommer noch eine Erhöhung auf 33 Prozent.

Gleichfalls neu ist die Familienzeit, der sogenannte Papamonat. Väter können bei Zustimmung des Arbeitgebers direkt nach der Geburt des Kindes 31 Tage lang Familienzeit in Anspruch nehmen. Die Familienzeit soll auch im Modell des einkommensabhängigen Kindergeldes bezogen werden. Rechtsanspruch auf die Familienzeit gibt es allerdings keinen, was vom ÖGB kritisiert wird. Der Gewerkschaftsbund sieht den Papamonat an sich als positiv, der arbeitsrechtliche Anspruch fehlt jedoch. Für ein Unternehmen entstehen durch den Papamonat jedoch keine direkten Kosten. Der Lohnentfall wird aus dem Kindergeldtopf bezahlt. Dieser Betrag orientiert sich nicht am Einkommen des Vaters. Über die genaue Pauschalsumme müssen sich ÖVP und SPÖ noch einigen, sie dürfte aber bei 500 bis 600 Euro liegen.

Kein Bonus für Alleinerzieher

Den Kürzeren ziehen Alleinerziehende beim Partnerschaftsbonus. Für sie fallen die 1.000 Euro weg. Der einzige Trost ist die Verlängerung des Betreuungsgeldes bei besonderen Härtefällen. Hier kann das Kinderbetreuungsgeld für drei Monate verlängert werden. Um das in Anspruch zu nehmen, wird die Einkommensgrenze um 17 Prozent auf 1.400 Euro erhöht.

Nichts ändern wird sich auch bei den Zuverdienstgrenzen. Es können weiterhin 60 Prozent der Letzteinkünfte dazuverdient werden. Auch das Modell des einkommensabhängigen Kindergeldes bleibt unverändert. Laut Karmasin gibt es hier keinen Handlungsbedarf. Die Einführung des neuen Kindergeldkontos wird von Arbeiterkammer und Industriellenvereinigung begrüßt. Beide sehen den flexiblen Bezug des Kindergeldes als wichtigen Schritt. Das Modell der Familienzeit sieht die Industriellenvereinigung jedoch kritisch. Genaue Ausgestaltung und Auswirkungen auf die Praxis seien nicht abschätzbar. Der Partnerschaftsbonus wird befürwortet. Er könne sich positiv auf die Väterkarenz auswirken. (er/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2016)

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