Khols Familiengeschichte: "Für Mussolini sterben wir nicht"

Andreas Khol
Andreas KholAPA (HERBERT PFARRHOFER)
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Der Südtiroler Andreas Khol, Präsidentschaftskandidat der ÖVP, wurde auf der Ostsee-Insel Rügen in Deutschland geboren. Warum ausgerechnet dort? Schuld daran ist unter anderem der Abessinien-Krieg.

„Für Mussolini und den kleinen König sterben wir nicht“ – so hieß es damals unter den Südtirolern. Ohne Kriegserklärung hatte Italien 1935 Abessinien, das heutige Äthiopien, überfallen. Italien herrschte damals schon über Somaliland und Eritrea. Benito Mussolini träumte von imperialer Größe. Und König Viktor Emanuel III. (Größe: 1,55 Meter), der dessen Diktatur tolerierte, mit ihm.

Herbert Khol war damals Leutnant in der italienischen Armee. Am Abessinien-Krieg wollte er aber nicht teilnehmen, schon gar nicht unter Benito Mussolini, jenem Mann, der „den Südtirolern die Sprache genommen“ hatte. Also desertierte er – und flüchtete nach Deutschland.

Und dort, auf der Ostseeinsel Rügen, wurde dann auch sein Sohn geboren: Andreas Khol, später Universitätsprofessor für Verfassungsrecht, ÖVP-Klubobmann der ÖVP, Nationalratspräsident und heute Bundespräsidentschaftskandidat der Volkspartei.

Herbert Khol, Jahrgang 1906, stammte aus Brixen. Dort auch die Matura zu machen war nach der Machtübernahme der Faschisten schwierig: Diese war nun italienisch, viele bestanden sie nicht. Auch Vater Khol nicht. Also machte er in Klagenfurt die Externistenmatura. Danach kehrte er zurück, diente in der italienischen Armee, war Leutnant der Panzertruppe.

Von Braunschweig retour

In Deutschland dann machte er auf der Technischen Hochschule in München den Diplomingenieur. Bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin lernte er seine spätere Frau kennen, deren Vater Arzt in Niedersachsen war. Und auf Rügen ein Ferienhaus besaß. Und dort kam am 14. Juli 1941 auch Andreas Khol zur Welt.

Sein Vater, Herbert Khol, hatte damals für eine deutsche Baufirma gearbeitet. Diese hatte im nahen Peenemünde an der Errichtung der Heeresversuchsanstalt, bekannt für ihr Raketenprogramm, mitgewirkt. „Mein Vater war entsetzt, als er mitbekam, dass dort jüdische Zwangsarbeiter aus Konzentrationslagern eingesetzt wurden“, erzählt Andreas Khol. „Das hat ihm von seinen Freunden auch kaum jemand geglaubt, dass hier Menschen aus rassischen Gründen eingesperrt wurden und Zwangsarbeit verrichten müssen.“

Die Khols zogen nach Braunschweig. Und kehrten nach schweren Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg nach Südtirol zurück. In Gossensaß, nahe dem Brenner, pachtete Herbert Khol einen Bauernhof. Sohn Andreas ging in Sterzing in die Volksschule. Später übersiedelte die Familie nach Innsbruck. 1949 wurde Andreas Khol österreichischer Staatsbürger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2016)

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