Integrationsdebatte: Der Minister, der Rapper und der „Piefke“

 Podiumsdiskussion im Konzerthaus
Podiumsdiskussion im Konzerthaus(c) Clemens Fabry
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Migration: Schrecken oder Segen? Darüber diskutierte Minister Kurz unter anderem mit Rapper Nazar. Ein Fazit: "Das wird mörderisch anstrengend."

Wien. Sebastian Kurz ist kein Mensch, der Medienauftritte und Debatten meidet. Aber diese Konstellation war vielleicht doch neu für ihn: Am Donnerstagabend debattierte der Außen- und Integrationsminister (ÖVP) unter anderem mit Nazar – Wiener Rapper mit iranischen Wurzeln.

Verantwortlich dafür war das Wiener Konzerthaus. In Kooperation mit der „Presse“ und moderiert von Chefredakteur Rainer Nowak lud man zur Diskussion zum Thema „Migration und Integration: Schrecken oder Segen für die Kultur?“. Der Versuch, die Frage zu beantworten, führte relativ rasch zur aktuellen Asylpolitik – und zur Sonntagsöffnung.

Kurz: „Keine kulturellen Verlustängste“

Warum? „Ich wohne seit 26 Jahren im zehnten Wiener Bezirk“, meinte Nazar. Favoriten hätte sich in dieser Zeit stark verändert. In Wien werde man als Migrant oft schief angesehen. „Am Sonntag findet man aber alle beim türkischen Bäcker – vom ärgsten Proleten bis zum Menschen aus der Moschee.“ Dieses Zusammenleben sollte sich auf alle gesellschaftlichen Ebenen ausbreiten.

Denn, so Nazars pessimistische Prognose: „Wenn es so bleibt, wie es ist, wird es in einer Katastrophe enden.“ Die Auswahl von Menschen, die derzeit kommen, sei daher „eine wichtige Frage“. „In einer Phase, wo Menschen in diesem Ausmaß zuwandern, sollten wir unsere Grundwerte hochhalten“, meinte Kurz. Und man müsse auch unangenehme Wahrheiten aussprechen: Dass etwa mit der Anzahl von Flüchtlingen aus islamisch geprägten Gebieten auch die Gefahr des aufkeimenden Antisemitismus steige. „Das ist keine Hetze, das ist so“, sagte Kurz. Im Kulturbereich habe er aber „keine Verlustängste“.

Mit am Podium waren auch der Historiker Philipp Blom, Clemens Hellsberg, ehemaliger Vorstand der Wiener Philharmoniker, Anna Maria Krassnigg, Regisseurin, Autorin und Dozentin, sowie Nasra Hassan, die bei den Vereinten Nationen 27 Jahre lang unter anderem zu Flüchtlingsfragen gearbeitet hat.

Presse Podiumsdiskussion im Konzerthaus Hellsberg, Nazar, Krassnig, Nowak, Hassan, Kurz
Presse Podiumsdiskussion im Konzerthaus Hellsberg, Nazar, Krassnig, Nowak, Hassan, Kurz(c) Clemens Fabry

Blom, selbst ernannter „Piefke vom Dienst“, mahnte in der aktuellen Frage Geduld ein: „Man kann nicht erwarten, dass tausende Menschen kommen, und sie gleich an einem blühenden Kulturleben teilnehmen.“ Es brauche eben Zeit – und eine aktive Integrationspolitik. Für Krassnigg ist die Vielfalt jedenfalls „eine ungeheure Chance, aber auch ein Auftrag“. Weil: „Die, die da sind, sind nun einmal hier.“ Aber: „Das wird mörderisch anstrengend.“

Das Konzerthaus will mit der neuen kulturpolitischen Diskussionsrunde „Podium am Puls“ mit der „Presse“ spannende Kommunikationsanlässe über das künstlerische Programm hinaus anbieten. Die nächste Veranstaltung findet am 6. April statt. Das Motto: „Kultur on demand? Digitalisierung und die Zukunft der Musikerfahrung“. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2016)

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