Meinungsforscher plagen sich mit Präsidentenwahl

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Für die Umfragen fehlen die Vergleichswerte zu früheren Wahlen. Das macht die Ergebnisse noch unsicherer als bei anderen Wahlen. Vor allem die unabhängige Kandidatin Irmgard Griss ist schwer einzuschätzen.

Wien. In den ersten Meinungsumfragen für die Bundespräsidentenwahl liegt Alexander Van der Bellen klar voran – allerdings weisen die einzelnen Institute deutlich unterschiedliche Ergebnisse aus. Mit ein Grund dafür: Die Meinungsforscher sind noch stärkeren Unsicherheitsfaktoren ausgesetzt als bei Nationalratswahlen. Denn es gibt keine direkten Vergleichswerte zu früheren Wahlen.

Die Meinungsforschung hat bei politischen Umfragen mit zwei Problemen zu kämpfen. Erstens: Wie sind jene Befragten zuzuordnen, die die Antwort verweigern? Die fehlenden Vergleichswerte sind da ein Problem, weiß der Meinungsforscher Peter Ulram. „Da gibt es zehn bis 15 Prozent Befragte, über die man nichts weiß.“ Dem könne man sich bestenfalls durch zusätzliche Fragen annähern: Jemand, der angibt, immer ÖVP zu wählen, werde wohl Khol wählen.

Problematisch sind aber auch jene, die sich falsch deklarieren. Bekannt ist der Effekt, dass in den Rohdaten der Umfragen die Wähler der Grünen über- und jene der FPÖ unterrepräsentiert sind. Diesen Effekt versucht die Meinungsforschung mit Rückerinnerungsfragen zu Leibe zu rücken: Was hat man bei der letzten Wahl gewählt? Liegen dann jene, die FPÖ angeben, unter dem tatsächlichen FPÖ-Ergebnis, werden ihre Antworten stärker gewichtet. Aber: Funktioniert das auch, wenn nicht Parteien, sondern Personen antreten?

„Wir haben drei Gewichtungsschritte“, sagt der Meinungsforscher Peter Hajek. Seine Erfahrung aus den bisherigen Umfragen: Bei der FPÖ hängt es davon ab, wer antritt. Als er Heinz-Christian Strache als Präsidentschaftskandidaten abfragte, gab es den bekannten Effekt, dass sich die FPÖ-Anhänger nicht deklarieren wollten. Beim möglichen Kandidaten Josef Moser war das nicht so. Zum tatsächlichen FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer hat Hajek noch keine Erfahrungswerte.

Neos, ÖVP und Grüne für Griss

Ein Unsicherheitsfaktor ist die unabhängige Kandidatin Irmgard Griss, die derzeit in allen Umfragen hoch eingestuft wird, für die es aber natürlich keine Vergleichswerte mit einer Partei gibt. Laut Hajek wird Griss vor allem von Anhängern der Neos, der Grünen und der ÖVP unterstützt, während sie bei sozialdemokratischen Wählern eher unterrepräsentiert ist.

Ulram glaubt, dass die jetzt publizierten Umfragen bestenfalls eine Momentaufnahme sein können. „Wir wissen nicht, ob eine Kandidatin eine Chance hat, die nur von der medialen Berichterstattung abhängig ist.“ Die derzeit hohen Umfragewerte für die frühere OGH-Präsidentin könnten sich im Laufe des Wahlkampfs verflüchtigen, wenn sich die fehlende Unterstützung durch einen Parteiapparat bemerkbar macht. Erst acht bis vierzehn Tage vor der Wahl werde man eine genauere Einschätzung abgeben können.

Hajek macht auf einen anderen Effekt aufmerksam, der die Wahl entscheidend beeinflussen könnte: Die Wahlbeteiligung sei nach derzeitigem Stand altersspezifisch sehr unterschiedlich. Im Schnitt sagen 60 Prozent der Befragten, dass sie ganz sicher zur Wahl gehen werden. In der Altersgruppe der unter 30-Jährigen sind es aber nur 40 Prozent, bei den 30- bis 50-Jährigen rund 50 Prozent. Das heißt: Wenn sich das nicht ändert, würden die Älteren die Wahl entscheidend beeinflussen. Und das wiederum könnte den Kandidaten von SPÖ und ÖVP helfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2016)

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