Mindestsicherung: Weniger oder gleich viel Geld für Flüchtlinge?

(c) Clemens Fabry
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ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka drängt auf eine Reform und sieht dänische wie oberösterreichische Kürzungspläne als Vorbild. Vorarlberg wiederum koppelt die Mindestsicherung an die Integration.

Wien. Soll die Mindestsicherung reformiert und – insbesondere – für Flüchtlinge gekürzt werden? Die ÖVP sagt Ja. Klubobmann Reinhold Lopatka verschickte am Dienstag ein fünfteiliges Forderungspaket an die SPÖ und ihren neuen Sozialminister, Alois Stöger.

Demnach soll das Verschlechterungsverbot – die Mindestsicherung darf nicht geringer ausfallen als ihre Vorgängerin, die Sozialhilfe – aufgehoben werden. Bei den Geldtransfers möchte Lopatka einen Deckel von 1500 Euro pro Person einziehen (wobei Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld unverändert bleiben sollen). 50 Prozent der Mindestsicherung will er auf Sachleistungen umstellen. Arbeits- und Integrationsverweigerern soll die Geldleistung nach einem Jahr um ein Viertel gekürzt werden. Außerdem schlägt er einen Bonus für Wiedereinsteiger vor.

„Wer möchte, dass das Sozialsystem erhalten bleibt, muss Schritte setzen“, meint der schwarze Klubchef. Durch die hohe Arbeitslosigkeit und die vielen Flüchtlinge werde die Bezieherzahl heuer wohl von 300.000 auf 350.000 steigen. Bei den Kosten sei man dann nicht mehr weit von der Milliardengrenze entfernt. Zumal die Mindestsicherung schon jetzt rund 680 Millionen Euro pro Jahr verschlinge.

Als Vorbild dient Lopatka Dänemark. Anspruch auf Sozialhilfe haben dort nur Personen, die finanziell zum Gemeinwohl beigetragen haben. Wer nicht mindestens sieben der vergangenen acht Jahre im Land gelebt hat, dem werden die Sozialleistungen fast halbiert. Das trifft nicht nur Zuwanderer, sondern auch Arbeitslose und aus dem Ausland heimkehrende Dänen. Für Österreich wünscht sich Lopatka Ähnliches. Insofern findet er auch gut, dass Oberösterreich die Mindestsicherung für Asylberechtigte von 914 auf 320 Euro monatlich kürzen will.

Häupl graut vor Lopatka

Der Wiener Bürgermeister, Michael Häupl, widersprach hier vehement. Die ÖVP betreibe Sozialabbau, außerdem seien die Pläne verfassungswidrig. Denn Besitzer eines positiven Asylbescheids seien Staatsbürgern rechtlich gleichgestellt. Überhaupt werde er jenen, „die ohnehin nix haben, nicht auch noch was wegnehmen“, so Häupl.

Lopatkas jüngste Aussagen, wonach ihm vom Reformunwillen des neuen Sozialministers bei der Mindestsicherung graue, kommentierte Häupl so: „Was das Grauen betrifft, beruht das ganz auf Gegenseitigkeit.“ In der SPÖ ist man hier nicht ganz einer Meinung. Der burgenländische Landeshauptmann, Hans Niessl, kann sich zumindest Kürzungen bei der Mindestsicherung vorstellen, wenn ein Flüchtling einen Deutschkurs verweigert.

Die ÖVP wiederum ist sich in der Frage uneins, ob die Mindestsicherung von der Länder- in die Bundeskompetenz wandern soll, wie Niederösterreich das vorgeschlagen hat. Lopatka ist dagegen, Günther Platter zumindest gesprächsbereit. In die „Kürzungsdebatte“ wollte Tirols Landeshauptmann am Dienstag aber nicht einsteigen: Es gehe jetzt darum, die Integrationsmaßnahmen zu forcieren, um zu vermeiden, dass Asylwerber in die Mindestsicherung fallen. Die schwarz-grüne Regierung Vorarlbergs hingegen führt am 15. Februar eine Integrationsvereinbarung für alle Flüchtlinge mit Aufenthaltstitel ein. Wer nicht Deutsch lernen oder arbeiten will, wer die Religion über das Gesetz stellt, dem wird die Mindestsicherung gekürzt. (pri)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2016)

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