Weniger Sozialhilfe bei Asylstatus

(c) Clemens Fabry
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Die Regierung lässt eruieren, wann man Asylberechtigten weniger Sozialhilfe zahlen kann. Doch vor allem EU-rechtlich gibt es Hürden. Kürzungen bei fehlender Integration wären aber denkbar.

Wien. Vorschläge aus den Ländern, Ideen vom Bund, ein von der Regierung angefordertes Expertengutachten: Mit der Frage, ob Asylberechtigte künftig weniger Mindestsicherung als Inländer bekommen, wird es Ernst. Doch worum geht es dabei, und was ist rechtlich überhaupt möglich? „Die Presse“ ging den wichtigsten Fragen nach.

1. Welche Modelle sind in Diskussion, um Asylberechtigten weniger Geld zu zahlen?

Momentan ist Mindestsicherung Ländersache. So will das schwarz-blau regierte Oberösterreich, dass befristet Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte künftig nur mehr so viel wie Asylwerber in der Grundversorgung bekommen: also 320 statt 914 Euro für Einzelpersonen. Auch im rot-blau regierten Burgenland könnte es zu einer Kürzung für befristet Asylberechtigte kommen, meinte Soziallandesrat Norbert Darabos (SPÖ). Der Vorarlberger Landeshauptmann, Markus Wallner (ÖVP), erklärte am Mittwoch im ORF-Radio, dass er über ein neues Modell für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte nachdenkt. Es soll zwischen der Grundversorgung (diese erhalten Asylwerber, deren Verfahren noch läuft) und Mindestsicherung liegen.

Der ÖVP-Klubchef im Nationalrat, Reinhold Lopatka, hält das dänische Modell für richtungsweisend. Demnach bekommen Leute, die in den vergangenen acht Jahren nicht mindestens sieben Jahre im Land gelebt haben, weniger Sozialhilfe. Auch britische Vorschläge beruhen auf dieser Grundidee.

2. Darf man Ausländer grundsätzlich rechtlich anders behandeln als Inländer?

Ja. Der Gleichheitssatz in der Verfassung besagt nur, dass alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich sind. Aus dem Diskriminierungsverbot hat zudem der Verfassungsgerichtshof abgeleitet, dass alle Ausländer gleich behandelt werden müssen, aber nur untereinander.

3. Wäre es zulässig, Asylberechtigten generell eine geringere Mindestsicherung zu zahlen?

„Hier gibt es europarechtliche Schranken“, sagt Verfassungsjurist Theo Öhlinger zur „Presse“. Anerkannte Flüchtlinge müssten behandelt werden wie EU-Bürger. Hier darf man die Sozialhilfe also nicht einfach kürzen.

Bei den subsidiär Schutzberechtigten (Personen ohne Asylgrund, deren Unversehrtheit aber in ihren Herkunftsländern bedroht ist) wäre hingegen eine niedrigere Mindestsicherung zulässig.

4. Kann man Asylberechtigten weniger zahlen, wenn sie nicht bereit sind, sich zu integrieren?

Ja. Dann, wenn man diese Anforderungen an alle Ausländer stellt. Und sagt, dass eine gewisse Integration nötig sei, um dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Denn man dürfe selbst gegenüber Ausländern aus EU-Staaten strengere Anforderungen stellen, wenn es um die Sozialhilfe gehe, erklärt Franz Marhold, Vorstand des Departments für Arbeits- und Sozialrecht an der WU. Das habe der EU-Gerichtshof entschieden.

Wer eine Integrationsvereinbarung nicht erfüllt, dem könnte man also die Mindestsicherung kürzen. Ein bloßes Abstellen darauf, wo man gewohnt und gearbeitet hat, sei mit Blick auf das EU-Recht hingegen problematisch, meint Experte Marhold.

5. Ist eine bundesweite Lösung in Sicht?
Und würde die SPÖ zustimmen?

Mehrere Vertreter der Länder haben erklärt, dass sie die Aufgabe der Mindestsicherung an den Bund abgeben würden. Freilich mit dem Hintergedanken, dass dieser dann auch zahlen müsse. Während die ÖVP sich auch im Bund klar für eine Verschärfung positioniert, agiert die Bundes-SPÖ zurückhaltend.

Doch gab die Bundesregierung als solche den Auftrag an den Verfassungsjuristen Bernd-Christian Funk, die Möglichkeiten der Kürzung bei der Mindestsicherung für Asylberechtigte auszuloten. Das zeigt, wie ernsthaft die Idee diskutiert wird.

SPÖ-Klubchef Andreas Schieder will nun zwar erst das Gutachten abwarten, bevor man über konkrete Reformen diskutiert. Er schloss eine Verschärfung aber auch nicht aus. Sozialminister Alois Stöger betonte zudem, dass bereits jetzt vorgesehene Sanktionen bei Arbeitsverweigerung oder Integrationsunwilligkeit besser angewandt werden müssten.

AUF EINEN BLICK

Die Kosten für die Mindestsicherung steigen, auch durch die Flüchtlingskrise. Gleichzeitig gibt es Überlegungen, das Sozialsystem weniger attraktiv für Zuwanderer zu machen. Eine geringere Mindestsicherung für Asylberechtigte wäre dann möglich, wenn die Integration fehlt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2016)

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