Metastasios Freunde unter dem Hammer

Franz Reitinger, Die Metastasier, Geschmackseliten im 18. Jahrhundert, Verlag Pustet, 376 Seiten, 45 Euro
Franz Reitinger, Die Metastasier, Geschmackseliten im 18. Jahrhundert, Verlag Pustet, 376 Seiten, 45 Euro(c) Pustet
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Eine einmalige Porträtsammlung befand sich im Schloss Hainfeld.

Sie waren Adelige, trugen klingende Namen und waren Freunde des am Wiener Hof dichtenden Poeten Pietro Metastasio: Attems, Breuner, Dietrichstein, Lamberg, Orsini-Rosenberg, Saurau. Ihre ausdrucksstarken Porträts hatte der Gründer und erste Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Joseph Hammer-Purgstall, in seinem südsteirischen Wasserschloss Hainfeld im Bezirk Feldbach beschützt. So konnten sie die Stürme der Jahrhunderte unversehrt überdauern. 2011 wurden die „Metastasier“ in die „Diaspora des freien Kunstmarkts geschickt“, wie der Autor Franz Reitinger beklagt. Das Schloss befand sich in einem mehr als beklagenswerten Zustand, allein die Sanierung der Dächer verschlang ein Vermögen. Geld musste ins Haus.

Eine große Chance vertan

Und Christine de Grancy fügt hinzu, dass es das Land Steiermark und der Bund sträflich verabsäumt hätten, der Erbin von Schloss Hainfeld in der Not unter die Arme zu greifen. Im Sinn Hammer-Purgstalls hätte hier ein zweites Forum Alpbach entstehen können – „ein Ort der Ruhe und der Einkehr“. Zwei Weltkriege hatten es nicht geschafft, dieses Juwel zu zerstören, „dies gelang nun in Friedenszeiten! Was für ein einmaliger Ort, was für eine einmalige Gelegenheit vertan!“

Im Jahr 2010 wurde die einmalige Galerie im Schloss demontiert und landete 2011 in den Auktionshäusern Kinsky und Dorotheum. Der aus 58 Porträts bestehende und als besonders schützenswertes Kulturgut eingestufte Zyklus ging wenigstens in österreichischen Privatbesitz und darf weder geteilt werden noch ins Ausland gehen. Die Schlosserbin machte dennoch Privatkonkurs. Der großformatige Bildband versucht, all die versunkene Pracht am Leben zu erhalten. Wenn auch nur in Form von Faksimiles.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2016)

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