Zaun am Brenner "wäre ein enormer Rückschritt“

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THEMENBILD: GRENZE AM BRENNERAPA/EXPA/JOHANN GRODER
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Für Philipp Achammer, Chef der Südtiroler Volkspartei, kommen Zäune nicht in Frage. Und: „Ich hätte mir etwas mehr Sensibilität gewünscht.“

Nicht, dass es nur den Brenner treffen würde. Die österreichische Regierung könnte in Zukunft an mehreren Grenzübergängen ein „Grenzmanagement“ wie jenes in Spielfeld errichten – inklusive Zaun. Doch dass ausgerechnet einer der wichtigsten Übergänge von Südtirol nach Österreich teilweise gesperrt werden könnte, lässt in Bozen die Wogen hochgehen.

„Es ist sehr beunruhigend und eine große Konfusion“, sagt Philipp Achammer. Dem Obmann der Südtiroler Volkspartei (SVP), die auch den Landeshauptmann stellt, ist nicht klar, was Österreich in der kommenden Zeit plane. „Es gibt zum Teil sehr konträre Aussagen“, kritisiert er im Gespräch mit der „Presse“. Allerdings: „Ob es ein Grenzzaun oder eine Barriere ist: Für uns wäre das ein enormer Rückschritt – es ist einfach nicht vorstellbar.“ Obwohl die große Anzahl an Flüchtlingen eine „enorme Herausforderung“ sei, würde Achammer sich „gerade in Bezug auf den Brenner etwas mehr Sensibilität wünschen“. „Schließlich ist es mehr als eine ehemalige Grenze.“

Aber alles der Reihe nach: Vergangenen Freitag gingen in Südtirol die Wogen hoch: Die Handelskammer Bozen berichtete von angeblichen Plänen der Tiroler Landespolizei, einen Grenzzaun zu Italien zu errichten. Innerhalb vier Wochen sollten demnach alle Grenzübergänge geschlossen werden. Die Polizei in Innsbruck winkte allerdings ab – ein Zaun am Brenner sei nicht geplant. Aber: Sollte es nötig sein, müsste man die Grenzkontrollen verstärken.

Mikl-Leitner: „Wenn nötig, weitere Zäune errichten“

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) meinte daraufhin, dass er sich ein „Grenzmanagement“ am Brenner wünsche – „technische Maßnahmen“ inklusive. Allerdings nur, wenn sich die Fluchtroute verschiebe und Italien einverstanden wäre. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ging einen Schritt weiter: „Wenn es nötig ist, werden wir noch weitere Grenzzäune errichten“, sagte sie am Wochenende.

Ihr Parteikollege und Tiroler Landeshauptmann Günther Platter begrüßte ohnehin bereits die Pläne der Bundesregierung: Auch wenn es am Brenner noch kein erhöhtes Flüchtlingsaufkommen gebe, sei es „gut“ dass die Exekutive die Planungen für ein „Grenzmanagement nach den Erkenntnissen von Spielfeld in Angriff genommen hat“.

Und auch Kanzler Werner Faymann rückte am Wochenende in der Causa aus: Bis zum EU-Rat am 18. Februar müsse sich Europa mit der Türkei auf einen Plan einigen, sagte er zu „Österreich“. Geschehe dies nicht, müsste Österreich die Grenzkontrollen ausweiten. Im Bundeskanzleramt bestätigte man am Montag diese Forderung.

Im Verteidigungs- und Innenressort arbeiten Experten daher an einem Plan, wie Österreich nach Ablaufen dieser Frist handeln könnte. Sie sollen beurteilen, an welcher Stelle – und in welcher Form – neue „Grenzmanagements“ und Zäune errichtet werden könnte. Bereits in dieser Woche könnte ein Ergebnis präsentiert werden. Mikl-Leitner und Doskozil werden dies gemeinsam machen, wird in beiden Ressorts betont.

Die Experten der beiden Ministerien sollen allerdings auch weitere Themen besprechen: Patrouillen an der Grünen Grenze sind möglich, außerdem werden verschiedene Einsatzszenarien durchgespielt. Auch die „tägliche Obergrenze“ für Flüchtlinge in Spielfeld soll definiert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2016)

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