Mehr Personal gegen Finanzbetrug, aber nicht bei Finanzpolizei

Austrian Finance Minister Schelling talks to journalists during a Reuters interview in the western Austrian village of Alpbach
Austrian Finance Minister Schelling talks to journalists during a Reuters interview in the western Austrian village of Alpbach(c) REUTERS (DOMINIC EBENBICHLER)
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Schellings Aufstockung um 500 Bedienstete bis 2018 ist fix. Stöger baut jetzt die Amtshilfe bei Strafen von Firmen im Ausland aus.

Wien. Das Finanzministerium will zwar den Kampf gegen Steuer- und Finanzbetrügereien verstärken. Das bedeutet aber nicht, dass deswegen die Finanzpolizei, die speziell gegen Sozialbetrug durch die Beschäftigung von Ausländern vorgeht, aufgestockt wird. Schon im Vorjahr wurde von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) im Gegenzug zur Steuerreform ein Ausbau der Betrugsbekämpfung mit mehr Personal paktiert.

Es bleibt dabei, dass schrittweise 500 Finanzbedienstete zusätzlich bis 2018 beschäftigt werden, wurde der „Presse“ im Finanzressort versichert. Man dürfe das aber „nicht an der Finanzpolizei festmachen“. Arbeiterkammerchef Rudolf Kaske hat erst am Sonntag mehr Kontrollen gegen Sozialbetrug und eine Aufstockung der Finanzpolizei von 500 auf 1000 Beamte gefordert. Das Finanzministerium setzt aufgrund der Erfahrungen einen anderen Schwerpunkt: Neue Mitarbeiter sollen insbesondere zur Steuerfahndung oder bei der Prüfung von Großbetrieben zum Einsatz kommen.

Mehr Strafanträge

(C) DiePresse

Außerdem wird darauf hingewiesen, dass im Vorjahr der Kampf gegen illegale Beschäftigung mehr Erfolg gebracht habe: Es gab 2015 rund 9700 Strafanträge mit einer Summe von 32,5 Millionen Euro (siehe Grafik) gegenüber 28,5 Millionen 2014.

Noch Mitte Dezember 2015 hat Minister Schelling in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der SPÖ mitgeteilt, dass eine Reduktion der Planstellen der Finanzpolizei von 510 auf 470 geplant sei. Das ist laut Ministerbüro überholt. Nach „Presse“-Informationen aus dem Ressort ist eine Aufstockung der Finanzpolizei aber nicht vorgesehen. „Wir brauchen das Personal überall“, sagt Herbert Bayer, Chef der Finanzgewerkschaft: „Betrugsbekämpfung spielt sich nicht nur in der Finanzpolizei ab.“ So würden in den kommenden Jahren 4000 Bedienstete in Pension gehen. Gleichzeitig habe in den Kundenzentren die Zahl der Kontakte um 20 Prozent zugenommen.

Angeheizt wurde die Debatte um die Finanzpolizei durch die Pläne von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ). Dieser will durch strengere Auflagen per neuer Entsenderichtlinie für ausländische Firmen, die Arbeiter nach Österreich schicken, ein Aushöhlen des Sozialsystems verhindern. Dabei wird es nicht bleiben. Stöger bereitet auch eine weitere Änderung des Gesetzes gegen Lohn- und Sozialdumping vor, das bald in Begutachtung gehen soll. Kernpunkt: Verstärkte Amtshilfe bei Strafen von den Staaten, aus denen Firmen und Beschäftigte kommen. Die EU-Entsenderichtlinie sieht zur Durchsetzung vor, dass die Staaten dies bis Ende 2016 festlegen müssen.

In der Koalition gibt es darüber aber Differenzen, wie sich am Dienstag beim Ministerrat gezeigt hat. Für Vizekanzler Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner hat Österreich schon jetzt das strengste Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping. Dass für entsandte ausländische Mitarbeiter österreichische Sozialbeiträge gelten sollen, könne nicht allein von Österreich geändert werden. Wenn Änderungen sinnvoll seien, dann bei der internationalen Behördenzusammenarbeit. Mitterlehners Sorge, die Änderung treffe Pflegekräfte, wird im Sozialressort zerstreut: Diese seien real nicht betroffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2016)

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