Faymann: "Dass wir aufschreien, ist unsere Pflicht"

Faymann und Mikl-Leitner
Faymann und Mikl-Leitner APA/HERBERT NEUBAUER
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Der Kanzler verteidigt Österreichs verschärfte Asylpolitik. Innenministerin Mikl-Leitner sieht darin die Möglichkeit, der ausländerfeindlichen Stimmung in Europa entgegenzuwirken.

Österreichs zunehmend restriktive Grenzpolitik verfolge nicht nur das Ziel, die Zahl der Migranten zu senken, sondern auch dem Anstieg der ausländerfeindlichen Stimmung in Europa entgegenzuwirken. Das sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Donnerstag laut einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa. „Wir müssen jetzt handeln, bevor die Nationalisten die Oberhand gewinnen“, verteidigte sie ihr Vorhaben, dass ab Freitag an der Südgrenze nur noch 80 Asylanträge pro Tag angenommen werden sollen. Außerdem sollen höchstens 3200 Flüchtlinge nach Deutschland durchreisen.

„Diese Maßnahmen sind nicht gegen Europa, sondern für Europa", so die Ministerin. Sie verstehe daher nicht, warum der österreichische Weg derartiges Erstaunen auslöst. „Deutschland macht das seit Monaten“, verwies Mikl-Leitner darauf, dass das Nachbarland maximal 50 Flüchtlinge pro Stunde und höchstens 6000 pro Tag über seine Grenzen lasse.

Mikl-Leitner verweist auf geografische Lage

Schließlich ging Mikl-Leitner noch auf den Brief des EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos ein, der darin der Bundesregierung vorwirft, mit den täglichen und jährlichen Kontingenten gegen europäisches und internationales Recht zu verstoßen. So seien zum Beispiel Kontingente für den Transit von Asylbewerbern nicht zulässig - Schutzbedürftige dürften nicht in das Land ihrer Wahl weiterreisen, sondern müssten im „ersten 'sicheren' Land um Asyl ansuchen und bleiben“.

Mikl-Leitner dazu: „Es ist bemerkenswert, dass gerade Österreich darauf hingewiesen wird, dass sich Asylwerber nicht aussuchen dürfen, in welchem Land sie ihren Antrag stellen." Es sollte allgemein bekannt sein, dass Österreich nicht an der EU-Außengrenze liegt und daher eben nicht das erste sichere Land für Migranten sein kann. Wenn diese berechtigten Hinweise der Kommission an der EU-Außengrenze vollzogen würden, müsste Österreich keine Maßnahmen setzen."

Faymann: "Stehen europäischer Lösung nicht im Wege"

Rückendeckung erhielt die Innenministerin am Donnerstag von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). „Österreich kann man nach 90.000 Flüchtlingen, die wir im Vorjahr aufgenommen haben, nicht vorwerfen, nicht auf Solidarität zu setzen“, betonte der Regierungschef. „Dass wir aufschreien und sagen, jetzt kommen auch die anderen dran, ist nicht nur unser Recht, sondern unsere Pflicht", so Faymann in einer Stellungnahme weiter. Österreich sei „mit Sicherheit nicht das Land, das einer europäischen Lösung im Wege stehe, im Gegenteil".

Rechtliche Fragen müssten die Juristen klären. „Politisch sage ich, wir bleiben dabei. Es ist undenkbar, dass Österreich ... die Asylwerber für ganz Europa aufnimmt", so Faymann in Brüssel. Aus dem Bundeskanzleramt hieß es ergänzend, der SPÖ-Chef habe diese Position im Vorfeld des EU-Gipfels bereits in einem Telefongespräch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vertreten.

Für Europarechtler gehen EU-Vorwürfe ins Leere

Europarechtler Walter Obwexer konnte die Vorhaltungen der EU-Kommission bezüglich Österreichs Flüchtlingsmaßnahmen am Donnerstag nicht nachvollziehen. Seiner Ansicht nach gingen die Vorwürfe "grosso modo" ins Leere. Denn, wenn die Kommission argumentiere, dass Österreich gemäß Menschenrechtskonvention, Grundrechte-Charta und Genfer Konvention Asylanträge anzunehmen habe, sei das falsch. Tatsächlich würden diese Bestimmungen kein Recht auf Asyl geben, sondern nur darauf, nicht in einen unsicheren Staat zurückgeschoben zu werden. Da Slowenien dies aber nicht sei, bestehe keine Verletzung der genannten Bestimmungen.

(Red./APA/dpa)

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