Untreue-Prozess: Keiner wusste von Meischbergers Tipp

Meischberger und Grasser, Bild aus dem Jahr 2007
Meischberger und Grasser, Bild aus dem Jahr 2007APA/TOPPRESS AUSTRIA/SCHÖNDORFER
  • Drucken

Der angeklagte frühere FPÖ-Generalsekretär will für einen Tipp an die UBM 600.000 Euro Honorar erhalten haben. Die Aussage von Ex-Finanzminister Grasser wurde verlesen.

Die Frage des Lobbyisten Walter Meischberger, „Wo woa mei' Leistung?“, wird seit 20. Jänner auch von einem Strafgericht gestellt. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft wirft dem früheren FPÖ-Generalsekretär Untreue vor: Konkreter: Er soll eine 600.000-Euro-Scheinrechnung für das Projekt „Brehmstraße“ an eine Tochterfirma des Porr-Konzerns geschickt haben. „Rechtsgrundlos“, wie es in der Untreue-Anklage heißt. Meischberger und zwei angeklagten UBM-Vorstände verteidigen das Geld indes als ein Maklerhonorar für den Tipp an die UBM, dass das Münchner Hotel Holiday Inn in der Leopoldstraße zum Verkauf stehe. Am Mittwoch wurde dazu am Wiener Straflandesgericht die Aussage von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser verlesen – wodurch sich dieser einen Auftritt als Zeuge ersparte.

Grasser war ursprünglich Beschuldigter in der Causa Brehmstraße gewesen. Allerdings wurde der Verdacht, das Geld sei Schmiergeld für die Einmietung der Finanz in das UBM-Objekt Brehmstraße, im Ermittlungsverfahren fallengelassen. Anders gestaltet sich der Fall für den Immobilienmakler Ernst Karl Plech. Er ist für Donnerstag als Zeuge geladen. Der Grund: Plech hatte mit Meischberger jenes (von Ermittlern abgehörte) Telefonat geführt, in dem er Meischberger sagte, hinter der „Münchner Gschicht" stehe eigentlich die Brehmstraße. Ermittlungen gegen Plech sind eingestellt worden.

Grasser: "Nicht nur" von Meischberger hintergangen

Zurück zu Grasser: Der Ex-Minister war im Ermittlungsverfahren zur Brehmstraße befragt worden. Damals nannte er die Übersiedlung von Finanzbeamten einen „Routineprozess". Ansprechpartner seien die Beamten gewesen, er, Grasser, habe „keine Ahnung", wie diese auf die Brehmstraße aufmerksam wurden. Mit Meischberger habe er nicht darüber gesprochen. Er habe keine „erheblichen Leistungen", und auch „keine unerheblichen Leistungen" für die Einmietung der Finanz bekommen. Auf die Frage, ob er sich von Meischberger hintergangen fühle, sagte Grasser: „Nicht nur von ihm". Seine Mutter habe ihn angerufen, laut Teletext habe er „tausende Euro" bei der Brehmstraße kassiert.

Drei aus Deutschland angereiste Zeugen wurden am Mittwoch nach der Verlesung des Protokolls zum Verkaufsprozess des Münchner Hotels an die UBM einvernommen. Dabei gingen die Aussagen auseinander:

Ein als UBM-Berater tätiger Zeuge sagte aus, er sei zu Jahresanfang 2003 von dem nun angeklagten UBM-Vorstand kontaktiert worden, er solle sich das Hotel genauer anschauen. Der UBM-Vorstand habe ihm gesagt, er habe „eine Information" bekommen. Er habe vorher nicht gewusst, dass das Hotel zum Verkauf stand, beteuerte der Zeuge. Dann räumte er ein, dass es ein „Informationsmemorandum" gegeben habe, aber keine Ausschreibung. Demgegenüber sagte ein zweiter Zeuge, der bei der Immobiliengesellschaft „Münchner Grund" arbeitete, in „ganz München" sei damals bekannt gewesen, dass der betreffende Straßenzug zum Verkauf stand. Ein dritter Zeuge wiederum meinte, dass nach seiner Information eine Maklerfirma das Hotel angeboten habe.

Zeugen wussten nichts von Meischberger

Einig waren sich die drei Zeugen dann doch noch: Von Meischberger, der den entscheidenden Tipp an die UBM gegeben haben will, wusste keiner von ihnen etwas.

Weiters wurden heute auch Zeugenaussagen zur Brehmstraße verlesen. Dazu war 2004 der Steuerberater Christian Zeidler vom Finanzministerium mit der Neuanmietung beauftragt worden. Er habe keine Wahrnehmung, dass Grasser im Verfahren in Erscheinung getreten wäre, so Zeidlers Aussage. Es sei nach einem Punktemodell entschieden worden, Bestbieter sei die UBM gewesen. Laut einem anderen Finanzbeamten waren nach einer ersten Bewertung noch die Objekte Dresdnerstraße, Brehmstraße und Handelskai im Rennen. Dann habe es eine neue Verhandlungsrunde gegeben. In dieser zweiten Runde siegte dann die Brehmstraße, weil die UBM den Mietpreis noch einmal reduzierte.

Alle der am Mittwoch befragten bzw. verlesenen Zeugen gaben an, nichts über eine Rolle Meischbergers zu wissen, weder bei der Brehmstraße noch beim Münchner Hotelkauf. Ein Immobilien-Angebot von Meischberger an die UBM betreffend München wurde laut Anklage erst 2005 produziert und um zwei Jahre vordatiert, um zum UBM-Hotelkauf zeitlich zu passen. Laut einem Sachverständigen wurde das Angebot neu abgespeichert und trug daher das neue Datum. Wann es erstmals erstellt wurde, konnte er nicht feststellen.

Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft vermutet, dass die Zahlung Schmiergeld für die Übersiedlung von Finanzbeamten unter dem damaligen Finanzminister und Meischberger-Freund Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) in die Wiener Brehmstraße war. Bei dem Geldfluss fällt der Zeitverlauf besonders auf: Meischberger stellte der UBM am 23. Mai 2005 eine Rechnung über 500.000 Euro plus 100.000 Euro Umsatzsteuer aus. Genau einen Tag danach, am 24. Mai, verkündete die UBM die Einmietung der Zollbeamten in das UBM-Gebäude Brehmstraße. Der Eingangsstempel auf Meischbergers Rechnung ist der 25. Mai 2005. Das Münchner Hotel, für das Meischberger das Geld als Provision kassiert haben will, hatte die UBM allerdings schon im Oktober 2003 gekauft.

(APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Walter Meischberger
Politik

Meischberger-Prozess: Tipp in Kiew war gratis

Für den Tipp über einen Hotel-Verkauf in München will der Ex-FP-Politiker 600.000 Euro erhalten haben, in der Ukraine gab es seine Informationen hingegen kostenlos. Am Freitag könnte das Urteil fallen.
Walter Meischberger (l.)  und Karl-Heinz Grasser 2007 bei einer Auto-Präsentation.
Innenpolitik

Justiz: Probegalopp für den Grasser-Prozess

Das Buwog-Verfahren gegen Karl-Heinz Grasser und Co. ist im siebenten Jahr angekommen. Vor Gericht steht bisher nur Walter Meischberger. Doch die Verhandlung wirkt wie ein Testballon.
Walter Meischberger (56) als Angeklagter im Straflandesgericht Wien.
Innenpolitik

"Den Meischberger muss man gut bezahlen"

Untreue. Walter Meischberger sagte erstmals als Angeklagter aus. Er konnte sich aber „leider“ nicht erinnern, wer ihm zu 600.000 Euro verhalf.
Meischberger - Ex-Politiker kann sich an Tippgeber nicht erinnern
Politik

Meischberger: Keine Erinnerung an Tippgeber

Der Ex-FPÖ-Generalsekretär konnte vor Gericht nicht sagen, woher er von dem zum Verkauf stehenden Hotel wusste.
Meischberger: Ein Tipp war seine Leistung
Politik

Meischberger: Ein Tipp war seine Leistung

Der Staatsanwalt mutmaßt, dass Schmiergeld geflossen ist. Hat dafür aber keinen Beweis – und bringt „nur“ Untreue zur Anklage.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.