Bei Kontrollen am Balkan und in Italien müsste Österreich maximal 0,06 Prozent des BIP einbüßen, sagt das Münchner ifo-Institut.
Eine Abkehr vom Schengen-Abkommen - konkret Personenkontrollen an allen Grenzen auf der Balkan- und der Italien-Route - würden Österreich lediglich 0,02 bis 0,06 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung (BIP) kosten. Dies hat das Münchener ifo-Institut errechnet. Absolut wären dies 80 bis 210 Mio. Euro oder 9 bis 24 Euro pro Kopf.
Dabei wären die Exporte von Waren und Dienstleistungen um 300 Mio. Euro niedriger und die Importe um 600 Mio. Euro, sagte der Leiter des ifo-Zentrums für Außenwirtschaft, Gabriel Felbermayr, zu einer demnächst erscheinenden Studie des Instituts. "Die reinen ökonomischen Effekte von Grenzkontrollen sind nicht zu hoch, wie das häufig behauptet wird. Jedenfalls, wenn die Grenzkontrollen effizient durchgeführt werden", erklärte Felbermayr am Freitag im Ö1-Morgenjournal.
So teuer wie Pension für 10.000 Flüchtlinge
"Wir sind der Meinung, dass die Kosten von Grenzkontrollen sehr viel kleiner sind als die Kosten, wenn man auf Grenzkontrollen verzichtet und eine ungeregelte Masseneinwanderung bekommt", sagte der Studien-Autor. Dafür führte er auch ein Beispiel an: Die Kosten, die das Institut für Grenzkontrollen ausgerechnet habe, entspräche den vollen Pensionskosten für 10.000 Flüchtlinge. "Das heißt, wenn 10.000 Flüchtlinge nicht kommen, rechnet sich das schon", sagte Felbermayr.
Dieser Einschätzung stimmte auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner in einem Statement zu: "Die Kostenfrage muss auch umgekehrt gestellt werden. Wenn zu viele Flüchtlinge unkontrolliert und ungebremst ins Land kommen, würde das unsere Systeme weit mehr kosten, als jetzt die Grenzkontrollen." Dennoch versuche man auf Wirtschaftstreibende Rücksicht zu nehmen und die Grenzkontrollen so kurz wie möglich zu halten.
Einbußen bei Kontrollen an allen Grenzen größer
Sollten freilich an allen österreichischen Grenzen Personenkontrollen eingeführt werden, so wären die Effekte laut ifo größer. Dann fiele das heimische Bruttoinlandsprodukt um 400 bis 990 Mio. Euro niedriger aus - umgerechnet 0,12 bis 0,27 Prozent des BIP. "Der österreichische Bürger wäre damit zwischen 47 Euro und 116 Euro im Jahr ärmer", so Felbermayr in einer Aussendung. Diesen Kosten müsse man aber die Kostenersparung bei der Kontrolle der Flüchtlinge im Land gegenüberstellen. Im übrigen seien die volkswirtschaftlichen Kosten von Kontrollen nur ein winziger Bruchteil der Kosten für weitere Flüchtlinge, so der ifo-Experte.
Unberücksichtigt bleibe in diesen Zahlen, dass die Kontrollen nur die Einreise, nicht aber die Ausreise betreffen - und dass ein beträchtlicher Teil der Handelsströme gar nicht die Straße benutze. "Die berechneten Effekte sind daher als Obergrenzen anzusehen", erklärt das Münchener Institut.
Für Italien hatte kürzlich das dortige Wirtschaftsinstitut CGIA Einbußen von 0,3 bis 0,6 Prozent des BIP für den Fall eines Aussetzens des Schengen-Abkommens errechnet - je nach Strenge der Grenzkontrollen. Strengere Grenzkontrollen würden zu Wartezeiten an den Grenzen führen, und dies höhere Speditionskosten bedeuten. Auch der Tourismus Italiens könnte negative Auswirkungen wegen Grenzkontrollen zu spüren bekommen, hieß es. Die Einbußen für Italiens Fremdenverkehr könnten zwischen 233 Mio. Euro und 465 Mio. Euro pro Jahr betragen, so das CGIA-Institut.
(APA/Red.)