Die mazedonische Polizei fordert auch von Wien die Lieferung von Schockbomben, Tasern und Gewehrgranaten. Als "Entwicklung von der Flüchtlingshilfe zur - bekämpfung" sieht das der Grüne Peter Pilz.
Zwischen 13.000 und 14.000 Flüchtlinge harren derzeit an der griechisch-mazedonischen Grenze bei Idomeni/Gevgelija aus. Täglich kommen mehr. Weiterziehen dürfen aber immer weniger. Denn seit Sonntag gibt es auch für syrische und irakische Flüchtlinge keine ungehinderte Weiterreise mehr. Nach Mazedonien dürfen nur noch die Flüchtlinge einreisen, die aus den vom Krieg direkt erfassten Regionen stammen. Das lässt den Druck im Grenzgebiet weiter steigen.
Mazedonien dürfte sich offenbar auf dramatische Entwicklungen einstellen. Das legt die Bitte nach Lieferung von Schockbomben, Tasern und Gewehrgranaten nahe, die unter anderem auch an Österreich erging.
Der grüne Sicherheitssprecher, Peter Pilz, veröffentliche gestern, Sonntag, einen Auszug aus einem Schreiben der mazedonischen Polizei, dem offenbar eine zwölfseitige Wunschliste zur Flüchtlingsbekämpfung beilag. Dabei werden Wien, Budapest und Belgrad um die Beschaffung von Tasern, Schlagstöcken, Schockbomben und um Granatwerfer für Granaten mit Hartgummikugeln gebeten. „Das ist die Vorbereitung des Schießbefehls, des Schießens auf Flüchtlinge“, sagt Pilz im Gespräch mit der „Presse“. Und weiter: „Es ist eine problematische Entwicklung von der Flüchtlingshilfe zur Flüchtlingsbekämpfung.“
Heute, Montag, wird er zu dem Schreiben eine parlamentarische Anfrage an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) einbringen. Darin will er unter anderem wissen, wozu die Polizei gegen Flüchtlinge an der griechisch-mazedonischen Grenze Taser, Hartgummigeschoße und Schockbomben braucht und ob sich Österreich an derartigen Lieferungen beteiligen wird. „Ich möchte von der Innenministerin wissen, wie sie dafür sorgen will, dass mit diesen Waffen nicht auf Flüchtlinge geschossen wird? Das sind Waffen, die Menschen schwere Verletzungen zufügen können. Das kann bis zum Verlust des Augenlichts führen“, so Pilz.
Waffenlieferung? „Keine Planungen“
Pilz sieht die Wunschliste der mazedonischen Polizei als Folge eines Treffens der Polizeichefs von Mazedonien, Serbien, Kroatien, Slowenien, Ungarn und Österreich, das am 1.März in Belgrad stattfand. Dort sei die Umsetzung der Flüchtlingsmaßnahmen, die erst kürzlich auf dem Balkan-Gipfel in Wien beschlossen wurden, veranlasst worden, so Pilz.
Das Innenministerium dementiert gleich mehrfach: Erstens sei das Treffen in Belgrad ein Folgetreffen des Balkangipfels in Zagreb und nicht des Gipfels in Wien gewesen. Zweitens sei die Wunschliste „nicht Gegenstand des Treffens“ gewesen. Die Liste kenne man im Innenministerium; sie sei an die österreichische Botschaft geschickt worden. Zu einer möglichen Waffenlieferung vonseiten Österreichs hieß es: „Dazu gibt es keine konkreten Planungen im Innenministerium.“ (j. n.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2016)