Kritik der EU-Kommission: "Länder liefern sich Match mit Wien"

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Ausgaben soll es dort geben, wo die Einnahmen hereinkommen, empfiehlt die EU-Kommission. Derzeit sei das Verhältnis zwischen Bund und Ländern angespannt.

Die EU-Kommission ortet in Österreich ein gestörtes Verhältnis zwischen Bund und Ländern. Das derzeitige System sei inkongruent und ineffizient, heißt es im aktuellen Länderbericht des Europäischen Semesters, der am Mittwoch in Wien erläutert wurde. "Das Problem ist, dass Einnahmen- und Ausgabenverantwortung getrennt sind", sagte Kommissionsvertreter Marc Fähndrich.

"Es ist hierzulande so, dass sich die Länder mit Wien ein Match liefern, der Landeshauptmann kommt mit einem Geld nach Hause und dieses Geld wird dann investiert", laut Fähndrich aber oft an der falschen Stelle. Und genau "das kostet viel Geld". So seien etwa in Kittsee, Hainburg, Bruck an der Mur oder Leoben Krankenhäuser gebaut worden, aber nicht aus gesundheitspolitischer Notwendigkeit, sondern aus strukturellen und arbeitsmarktpolitischen Überlegungen.

Fähndrich empfiehlt, dass die Ausgaben dort getätigt werden, wo auch die Einnahmen hereinkommen. Ob das der Bund ist oder die Länder, ist aus Sicht des Experten zweitrangig. Die subnationalen Einnahmen, also die Steuern auf Gemeinde- oder Länderebene sind in Österreich jedenfalls unter dem EU-Schnitt.

Zwei Warnsignale am Arbeitsmarkt

Nach Ansicht der EU-Kommission läuft Österreich derzeit zudem Gefahr, das strukturelle Defizitziel zu verfehlen. Fähndrich pocht darauf, die Haushaltsziele einzuhalten. Die Steuerreform wertet er als positiv, der Faktor Arbeit könnte aber noch weiter entlastet werden. Zur Gegenfinanzierung regt Fähndrich beispielsweise höhere Immobiliensteuern an. Vom kürzlich stattgefundenen Pensionsgipfel ist der Experte hingegen enttäuscht. Man werde die von der Regierung verabschiedeten Maßnahmen bewerten und Mitte Mai neue Empfehlungen aussprechen.

Am österreichischen Arbeitsmarkt sieht die EU-Kommission zwei Warnsignale: Erstens arbeiten hierzulande viel mehr Frauen nur Teilzeit als anderswo in der EU, zweitens sind Migranten aus Drittstaaten deutlich schlechter in den Arbeitsmarkt integriert. "Was uns besondere Bauchschmerzen macht: Das gilt auch für die zweite Generation", so Fähndrich. "Hier hat das Bildungssystem versagt." Angesichts der Flüchtlingskrise betonte der Experte die Wichtigkeit, Flüchtlingskinder schon frühzeitig ab dem Kindergarten zu integrieren.

Die EU-Kommission hatte im Rahmen des Europäischen Semesters 18 Länder genauer unter die Lupe genommen. In Österreich sowie in fünf weiteren Mitgliedsstaaten wurden keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Österreich wurde untersucht, weil im Export Marktanteile verloren gingen und das Bankensystem risikobehaftet ist. Eine akute volkswirtschaftliche Bedrohung gebe es deshalb aber nicht, so Fähndrich.

(APA)

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