Bundespräsidentenwahl: Strache und „Schreckensszenarien“

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Erstmals stellten sich die fünf Kandidaten einer Diskussion. Dabei zeigte sich vor allem eine tiefe Kluft beim Vorgehen bei einer Regierungsbildung.

Wien. „Sie lassen solange wählen, bis Rot-Grün rauskommt? „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak brachte mit seiner provokanten Frage an Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen die Rolle, in der die fünf am Podium versammelten Kandidaten das Bundespräsidentenamt bei der Regierungsbildung sehen, aufs Tapet. „Selbstverständlich nicht“, beruhigte Van der Bellen. Aber an der Frage schieden sich die Geister deutlich. Vor allem zwischen Van der Bellen, der seine Bedenken gegen FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache bekräftigte, und ÖVP-Hofburgbewerber Andreas Khol.

Es war eine Premiere. Denn erstmals trafen die fünf Hofburg-Kandidaten direkt aufeinander: Rudolf Hundstorfer (SPÖ), Khol, Van der Bellen, die unabhängige Kandidatin Irmgard Griss sowie Norbert Hofer (FPÖ). Dieser hatte bei einer Debatte im ORF-Radio Ende Jänner noch gefehlt, weil die FPÖ-Kandidatenentscheidung erst später fiel. Die überparteiliche Initiative „Bürgersalon Wien“ hatte mit der „Presse“ Freitagabend in die Diplomatische Akademie in Wien geladen. Das Interesse war so groß, dass von den Hunderten Zuhörern viele stehen mussten.

Van der Bellen betonte, ihm gehe es um das Programm der Regierung für Europa. Da habe er begründete Bedenken, dass „Herr Strache – jetzt wollte ich Führer sagen“ – das machen solle. Darauf konterte Hofer später mit der Bitte, Politiker nicht „und sei es auch nur augenzwinkernd, mit einem Führer oder Hitler zu vergleichen“. Khol wies nicht nur Van der Bellen, sondern auch die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs Griss in die Schranken, die im Extremfall mit dem Rücktritt als Staatsoberhaupt gedroht hatte. Beide gingen von „Katastrophenszenarien“ der Verfassung aus, dozierte der ÖVP-Kandidat. Er würde im Vorfeld versuchen, einen solchen Konflikt zu verhindern. Er würde aber Strache mit der FPÖ als stärkster Partei den Auftrag zur Regierungsbildung geben.

Weckruf im Falle einer „Diktatur“

Sie habe nie die Absicht gehabt, zurückzutreten“, so Griss. Es seien „Schreckensszenarien“ und ein „Weckruf“ gewesen, etwa wenn man sehe, „das wird jetzt eine Diktatur“. Hundstorfer verwies auf die Amtsführung des jetzigen Präsidenten Heinz Fischer hinter den Kulissen. Bemerkenswert war Hofers Antwort zu FPÖ-Ideen einer Personalunion von Kanzler und Bundespräsident: „Österreich hat derzeit andere Sorgen.“

Differenzen zeigten sich auch beim Eingreifen des Bundespräsidenten bei Postenvergaben. Griss will objektiver agieren so wie der beliebte frühere Bundespräsident Rudolf Kirchschläger – „auch ein ehemaliger Richter“. Hundstorfer schüttelte den Kopf: „Wir haben ja seit dem Doktor Kirchschläger ein anderes Objektivierungsgesetz.“ Erstaunlich sei, ätzte Van der Bellen zur Erheiterung des Publikums, dass es dennoch „immer ein Roter und ein Schwarzer“ werde.

Was sie die täten, wenn ein Amtsträger Urteile des Verfassungsgerichtshof missachte? Wie etwa Kärntens Ex-Landeshauptmann Jörg Haider bei den zweisprachigen Ortstafeln. Griss und Khol sahen Amtsmissbrauch. Van der Bellen wunderte sich, warum es dann nie ein Verfahren gegen Haider gegeben habe. Hundstorfer verwies auf die Beilegung des Konflikts: „Bei uns ist Ostermayer (SPÖ-Minister, Anm.) ausgerückt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2016)

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