Asyl: Ossiach geht vor Gericht baden

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Der Versuch der Gemeinde, Mikl-Leitners Recht zu Fall zu bringen, ist vorläufig gescheitert. VfGH-Präsident Holzinger hält Asylobergrenze für rechtswidrig.

Wien. Die Kärntner Gemeinde Ossiach war eine der ersten, bei der Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ihr Durchgriffsrecht im Vorjahr angewandt hat. Gegen den Widerstand von Bürgermeister Johann Huber (FPÖ) sorgte die ÖVP-Ministerin dafür, dass ein ehemaliges Kriegsblindenheim zu einem Verteilerzentrum für 150 Asylwerber wird. Der Versuch der Fremdenverkehrsgemeinde, sich gegen das Durchgriffsrecht vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu wehren, ist nun aber vorerst gescheitert.

Denn die Kärntner hätten sich an das falsche Gericht gewandt, befand der VfGH. Seit der Einführung der neuen Verwaltungsgerichte Anfang 2014 sei man für Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden nicht mehr zuständig, betonte VfGH-Präsident Gerhart Holzinger am Dienstag. Stattdessen müssten sich die Kärntner erst an das neue Bundesverwaltungsgericht wenden, bevor sie den VfGH bemühen.

„Es ist davon auszugehen, dass die Sache damit nicht erledigt ist“, sagte Holzinger, der damit rechnet, dass Ossiach weitere Schritte ergreift. Rechtlich könnte der Fall am Ende noch komplex werden, weil in der Verfassung gar keine Beschwerde beim VfGH gegen den Bescheid einer Ministerin vorgesehen ist. Ob das in Ordnung ist, kann der VfGH aber eben erst nach dem Urteil des vorgeschalteten Bundesverwaltungsgerichts klären.

„Katastrophales Versagen“

Respekt zollte Holzinger den jüngsten Bemühungen der Regierung, besser zwischen Asylberechtigten, subsidiär Schutzberechtigten und Wirtschaftsflüchtlingen zu unterscheiden. Das sei „verdienstvoll“. Unter subsidiär Schutzberechtigten werden Leute verstanden, die zwar keinen Asylgrund haben, aber momentan nicht in ihr Land zurückkehren können, weil ihr Leben oder ihre Gesundheit dort bedroht wäre. Gleichzeitig machte der Jurist aber klar, dass gerade in diesem Punkt vieles in den vergangenen Jahren schiefgelaufen ist. Man sei bei der Differenzierung der Migranten „zu wenig konsequent gewesen“, sagte Holzinger, der sogar von einem „katastrophalen Versagen“ sprach.

Weil man die zuständigen Behörden jahrelang mit zu wenig Personal ausstattete, seien Asylverfahren in die Länge gezogen worden. Mit dem Ergebnis, dass Leute, obwohl sie keinen Asylgrund hatten, nach all den Jahren nicht mehr abgeschoben werden durften, weil sie schon Familie und Freunde in Österreich gefunden hatten. Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens steht in der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Leute, die tatsächlich einen Asylgrund haben, dürfe Österreich aber nach wie vor nicht abweisen, mahnte Holzinger. Dementsprechend wenig hält er von der Obergrenze, auf die sich die Regierung geeinigt hatte. „Eine solche gesetzliche Regelung ist aus meiner Sicht rechtswidrig, ja, sie ist verfassungswidrig“, sagte der Präsident des Höchstgerichts.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2016)

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