Neos warnen vor „Kollaps bei der Integration“

 Beate Meinl-Reisinger
Beate Meinl-Reisinger(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Wiener Klubchefin, Beate Meinl-Reisinger, sieht Minister Kurz gefordert, nach dem Ansturm der Flüchtlinge auf Wien die nächste Krise abzuwenden. Der Bund solle eine Clearingstelle für Koordination schaffen.

Wien. „Wenn wir nichts tun, steuern wir in eine Integrationskrise.“ Mit drastischen Worten versucht die Klubchefin des Neos im Wiener Gemeinderat, Beate Meinl-Reisinger, im Gespräch mit der „Presse“ die Bundesregierung, allen voran Integrations- und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), wachzurütteln. Nach der Krise bei der Unterbringung der Flüchtlinge im Vorjahr steht ihren Erfahrungen nach jetzt vor allem die Bundeshauptstadt bei der Integration vor einem Problem. „Hier warne ich tatsächlich vor einem Kollaps in Wien“, erklärt die Neos-Politikerin.

Für sie trifft das besonders auf das Bildungssystem zu. Nach ihren Informationen aus dem Wiener Stadtschulrat könne in Wien in keiner Klasse mehr ein Kind von Zuwanderern aufgenommen werden, ohne dass die Klassenschülerhöchstzahl von 25 Schülern überschritten werde. „Das ist alles ein völliger Wahnsinn“, beklagt sie bezüglich der Kapazitäten.

Meinl-Reisinger nimmt deswegen nun Integrationsminister Kurz in die Pflicht. Dieser hat zwar im vergangenen Herbst einen Aktionsplan zur Integration vorgelegt. Für die Neo-Mandatarin beweist die Situation in Wien, wo derzeit der größte Teil der Asylwerber untergebracht ist, dass man sich den großen Herausforderungen bei der Integration endlich mit einer bundesweiten Lösung stellen müsse. Für sie steht außer Zweifel: „Das ist Aufgabe des Integrationsministers.“ Denn: „Wir haben das schon in der Vergangenheit nicht so gut gemeistert, wie sich das in Sonntagsreden anhört.“

Arbeitsmarkt berücksichtigen

Meinl-Reisinger schlägt vor, dafür von Bundesseite eine Clearingstelle zu schaffen. Diese soll beim oder in enger Kooperation mit dem Arbeitsmarktservice (AMS) eingerichtet werden.

Nach dem Vorbild des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln sollten Indikatoren für die Aufteilung der Flüchtlinge entwickelt werden. Dazu zähle die Verfügbarkeit von geeignetem Wohnraum, die wirtschaftliche Lage der jeweiligen Kommunen, in denen Asylwerber einquartiert werden; wesentlich sei die Berücksichtigung der Lage auf dem Arbeitsmarkt. Im letzten Punkt liegt sie auf einer Linie mit AMS-Chef Johannes Kopf. Wie dieser heben Meinl-Reisinger und ihr Neos-Parteikollege im Nationalrat, Sepp Schellhorn, hervor, dass Flüchtlinge in Westösterreich im Tourismus viel bessere Chancen hätten und so auch leichter integriert werden könnten.

In diesem Zusammenhang solle auch über eine sogenannte Wohnsitzbindung für Flüchtlinge gesprochen werden. Meinl-Reisinger stellt dabei zur aktuell intensiv diskutierten Reform der Mindestsicherung klar: „Wir kritisieren hier das System und nicht den einzelnen Betroffenen.“ Hauptziel der Mindestsicherung müsse sein, dass Menschen möglichst rasch aus der Mindestsicherung zurück auf den Arbeitsmarkt kommen.

„Signale“ bei Mindestsicherung

Eine Residenzpflicht wird derzeit, wie „Die Presse“ berichtet hat, von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) geprüft. Dies auch, um Wien zu entlasten und Asylwerber besser auf die Länder zu verteilen. Verhandlungen mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner dazu stehen aus. Positiv bewerte die Neos-Politikerin jüngste „Signale“ aus der SPÖ zu Änderungen bei der Mindestsicherung: bundesweit einheitliche Regelung, Teilumstellung auf Sachleistungen und ein Anreizsystem, um Jobs anzunehmen. (ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2016)

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