Zwei „Gretchenfragen“ für die Primärversorgung

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Eine Einigung zwischen dem Ministerium und den Kassen auf der einen und der Ärztekammer auf der anderen Seite ist weiter nicht in Sicht. Umstritten sind die geplanten Direktverträge – und eine alte Regelung.

Wien. „Überaus schwierig“: So beschrieb Johannes Zahrl, der Kammeramtsdirektor der Ärztekammer, am Dienstag die Verhandlungen über ein Gesetz für die neuen Primärversorgungszentren (PHC-Zentren). Davor war eine weitere Verhandlungsrunde zwischen Beamten des Gesundheitsministeriums und den Juristen der Ärztekammer ergebnislos verlaufen. Nächste Woche will man weitermachen.

Einen Termin für eine politische Runde mit Ministerin Sabine Oberhauser und den Spitzen der Ärztekammer gibt es vorerst nicht. Eigentlich wollte man sich diese Woche treffen. Doch so weit sind die Verhandlungen noch nicht gediehen. Es ist daher fraglich, ob Oberhauser an ihrem Zeitplan festhalten kann. Im April wollte die Ministerin einen Gesetzesentwurf in Begutachtung schicken. Ihre Sprecherin sagte am Dienstag, dass man „so rasch wie möglich“ fertig werden wolle. Ansonsten: Kein Kommentar. Vorsichtig blieb auch Zahrl: Ob eine Einigung möglich sei, wollte er vorerst nicht abschätzen. Immerhin: „Wir beginnen, das Problem gemeinsam zu durchdringen“, so der Kammeramtsdirektor.

Ärzte für Schiedskommission

Zahrl sieht in den Verhandlungen mit dem Gesundheitsministerium und den Kassen zwei „Gretchenfragen“. Strittig ist – erstens – die Vertragsgestaltung. So sei vorgesehen, dass die Gebietskrankenkassen auch Direktverträge ohne Einbindung der Ärztekammer mit Betreibern eines PHC-Zentrums abschließen können, wenn es zu keinem Gesamtvertrag kommt. Die Landesärztekammern müssten dem zwar binnen drei Monaten zustimmen. Wenn das aber aus irgendeinem Grund nicht geschehe, könne die Sozialversicherung allein bestimmen, erklärte Zahrl. Und das komme für die Ärztekammer nicht infrage. Eine mögliche Lösung sieht er in einer Schiedskommission.

Zweitens hätte die Ärztekammer ein Problem mit dem Vorhaben, die „Subsidiarität“ der Ambulatorien gegenüber den niedergelassenen Ärzten aufzuweichen. Derzeit dürfen Ambulatorien nur dann entstehen, wenn es in der Region nicht genügend niedergelassene Ärzte gibt. Auch dieses Prinzip solle aufgeweicht werden.

Der Kammeramtsdirektor betonte, dass die Ärztekammer durchaus für eine neue Primärversorgung sei und über die Details verhandeln wolle. Das habe man auch in Wien bewiesen, wo ein Vertrag mit der Kasse und der Stadt vereinbart wurde. Die strittigen Fragen stünden dem aber entgegen.

Johannes Steinhart, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer, warnte inzwischen davor, dass der Fahrplan zur Wiener Primärversorgung durch das Primärversorgungsgesetz auf Bundesebene ausgebremst werde. Die Verhandlungen mit der Wiener Krankenkasse gestalten sich wegen des bundesweit geplanten PHC-Gesetzes allerdings zäher als nötig, obwohl der Fahrplan zu einer neuen Primärversorgung bereits feststehe, kritisierte Steinhart in einer Aussendung.

Wien: Konzept bis zum Sommer

Der Wiener Fahrplan sieht vor, dass die medizinische Versorgung im niedergelassenen Bereich durch flexible Angebote leistungsfähiger und attraktiver werden und die bestehende Struktur der Hausärzte gestärkt werden soll. Als Modell dazu sollen das bisher einzige Primärversorgungszentrum in Mariahilf sowie das geplante neue Pilotprojekt zu Einzelordinationsnetzwerken in Floridsdorf dienen. Bis zum Sommer soll das Gesamtkonzept vorliegen, kündigte Steinhart an. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2016)

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