Medien im Visier von Geheimdiensten

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Bezahlte Kasachstan „fürstlich“ für positive Artikel? BVT-Bericht zur Spitzelaffäre bleibt vage. Aber: Geheimdienste wollen immer mehr Infos zu Energiepolitik.

WIEN.Mit Spannung erwartet wurde am Freitag die Präsentation des 107 Seiten starken Verfassungsschutzberichtes zur Sicherheitslage in Österreich. Spannend deshalb, weil im Raum steht, österreichische Parlamentarier und Medien hätten sich vom kasachischen Geheimdienst instrumentalisieren lassen. Diese Passagen zur Einflussnahme lesen sich in der verklausulierten Sprache des Innenministeriums nun so (von Kasachstan ist dabei konkret nie die Rede):

„Im Berichtsjahr (gemeint ist der Zeitraum 2008, Anm.) konnte auch eine konkrete Beeinflussung der parlamentarischen Arbeit und österreichischen Medienlandschaft durch gezielt gesteuerte Desinformationskampagnen festgestellt werden.“ An anderer Stelle heißt es etwas konkreter: „In jüngster Vergangenheit wurden etwa gesteuerte parlamentarische Anfragen, noch bevor diese über den offiziellen Weg in Ministerien einlangten, im Auftrag von ausländischen Nachrichtendienst-Offizieren durch österreichische Staatsbürger an fremde Nachrichtendienststellen übermittelt.“

„Gezielte Desinformation“

Peter Gridling, Leiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), ließ allerdings mit einer anderen Aussage aufhorchen, die sich nicht im Bericht findet. Gridling erklärte, dass infolge „gezielter Desinformation auch Medien“ durch den kasachischen Geheimdienst beeinflusst worden seien. Der BVT-Chef wörtlich: Medien seien „recht fürstlich dafür bezahlt“ worden, „ein positives Bild zur Causa zu liefern“. Es handle sich dabei um eine „gesteuerte Einflussnahme“ auf Medien.

Auf genauere Nachfragen wollte Gridling keine weiteren Erläuterungen zu diesem Punkt geben. Und meinte nur: Da es sich nicht um einen strafrechtlichen Tatbestand handle, habe man vom BVT aus diese Geldflüsse nicht weiterverfolgt und auch keine Ermittlungen dazu getätigt. Schließlich erklärte er auch noch, dass es keine Informationen darüber gebe, ob diese Medien die angebotenen „großen Geldbeträge“ des kasachischen Geheimdienstes auch angenommen hätten. Aber, so Gridling kryptisch: „Es war wichtig für uns, das zu beobachten.“

Recherchen der „Presse“ im Umfeld des BVT ergaben, dass es sich bei den vom Verfassungsschutz Beobachteten nicht um ein elektronisches Medium sowie eine Tages- oder Wochenzeitung handeln soll. Dem Verfassungsschutz dürfte hier vielmehr ein Fachmagazin ins Auge gestochen sein.

Innenministerin Maria Fekter gab sich am Freitag zur Causa Kasachstan äußerst wortkarg. Sie berief sich auf ihre Amtsverschwiegenheit und auf den Datenschutz. Da es sich um laufende Ermittlungen handle, könne sie keine detaillierten Informationen geben. Im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Spitzelaffäre beharre man nur dann auf der Amtsverschwiegenheit, wenn Personen gefährdet sein sollten, versicherte Fekter.

Abseits der Beobachtungen des BVT zum kasachischen Geheimdienst erklärte Gridling, ausländische Nachrichtendienste seien weiterhin „überproportional mit Leuten in Österreich vertreten“. Das habe vor allem mit Wien als UNO-Standort zu tun. Oft handle es sich aber um bloße Gesprächsabschöpfung, die nicht mit Strafe bedroht sei. Ziel sei es, so heißt es im BVT-Bericht, Informationen zu „politischen wie wirtschaftlichen Vorhaben und Strategien zu gewinnen“. Gridling nannte vor allem die Energiepolitik als immer stärker in den Fokus der Agenten tretenden Bereich. Ein Wissensvorsprung auf diesem Themengebiet führe zu einer „besseren Position bei versorgungstechnischen Verhandlungen“, mutmaßen die BVT-Agenten.

Manche in Österreich tätige Nachrichtendienste seien aber wiederum nur an hier lebenden Oppositionellen ihrer Länder interessiert. Diese Dienste versuchten, die Regimekritiker „im Ausland zu kontrollieren und in konkreten Fällen zu steuern oder in ihrem Interesse zu manipulieren“, wie das BVT ausführt.

Wie jedes Jahr nimmt auch der Bereich des Terrorismus einen breiten Platz im Verfassungsschutzbericht ein. Für Österreich gebe es keine konkreten Hinweise auf eine Gefahr von Anschlägen, sagte Gridling. Festzustellen sei aber, dass die Zahl junger Österreicher mit islamischem Glauben steige, die sich extremistischen Ausbildungen in Afghanistan und Nordpakistan unterziehen. Dabei handle es sich um Personen mit Migrationshintergrund, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Zahlen nannte Gridling am Freitag aber keine.

Rechtsextreme Taten nahmen zu

Gestiegen sind im vergangenen Jahr Tathandlungen von Rechtsextremen in Österreich. Im Jahr 2008 wurden 451 Tathandlungen registriert. Das bedeutet einen Anstieg um 21,6 Prozent gegenüber dem Jahr 2007, wo 371 Handlungen polizeilich registriert wurden. Die Aufklärungsquote lag 2008 bei 43,2 Prozent.

Eine rückläufige Tendenz zeigt sich hingegen beim linksorientierten Extremismus in Österreich. Hier gab es 2008 eine leichte Abnahme. Mit 64 Straftaten wurden im Jahr 2008 um knapp zehn Prozent weniger Delikte verzeichnet als 2007, wo 72 derartige Straftaten registriert wurden. Der Großteil davon (53) betraf Sachbeschädigungen, davon machten mit 38 Delikten wiederum Schmieraktionen den größten Anteil aus.

AUF EINEN BLICK

Kasachstan und die FPÖ
Was hat der zentralasiatische Staat mit dem österreichischen Parlament zu tun? Es geht um mutmaßliche Beeinflussungen durch den kasachischen Geheimdienst im Zusammenhang mit Entführungsversuchen von Kasachen im Umfeld des ehemaligen Botschafters Aliyev. Es gab Auslieferungsbegehren aus Kasachstan, die aber abgelehnt wurden. Das führte zu einer Erhöhung der Aktivitäten des kasachischen Geheimdienstes in Österreich. Ziel: die Rückholung des in Ungnade gefallenen Aliyev.

FPÖ-Sicherheitssprecher Harald Vilimsky wird vorgeworfen, er habe sich vom kasachischen Geheimdienst für eine parlamentarische Anfrage einspannen lassen. Er bestreitet das. Er habe nur wissen wollen, ob ein Schreiben der kasachischen Botschaft an das Innenministerium stimme, in dem der Staatsanwaltschaft Wien Untätigkeit vorgeworfen werde, so Vilimsky.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2009)

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