Falsche Berechnungen, Extrageld für kleine Orte

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Der Rechnungshof entlarvt Mängel. Niederösterreich kommt besonders schlecht weg.

Wien/St. Pölten. Verschieben staatlicher Summen zwischen Ländern und Gemeinden nach einem selbst für Fachleute kaum mehr zu durchschauenden System, finanzielle Begünstigung von Kleingemeinden: Ein aktueller Rechnungshofbericht liefert gleich doppelt Zündstoff. Er stützt erstens die Position von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) vor dem Beginn der heißen Phase der Verhandlungen über den ab 2017 vorgesehenen neuen Finanzausgleich, der die Aufteilung der Steuereinnahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden regelt. Zweitens ist ausgerechnet jetzt vor dem Wechsel des langjährigen Finanzlandesrates Wolfgang Sobotka (ÖVP) von St. Pölten ins Innenministerium Niederösterreich besonders Zielscheibe der Kritik des Kontrollorgans.

Die Rechnungshofprüfer rechneten ab. Sie stellten fest, dass die Zuteilung von Mitteln der Länder an die Gemeinden (Ertragsanteile) in einigen Bundesländern über Jahre – von 2009 bis 2013 – aufgrund falscher Berechnungen erfolgte. Selbst Experten waren teils wegen der überaus komplizierten Bestimmungen überfordert. In Niederösterreich und im Burgenland lagen, so der Rechnungshof, jedes Jahr im Prüfzeitraum falsche Berechnungen zugrunde. Komplett richtig waren sie in Oberösterreich, Vorarlberg und Tirol, in der Steiermark waren sie bis auf 2011 richtig.

Günstig bis 9000 Einwohner

Insgesamt profitierten kleinere Gemeinden sukzessive von dem seit 1948 mehrfach geänderten „abgestuften Bevölkerungsschüssel“ als Basis der Mittelzuteilung. Begünstigt wurden demnach vor allem Gemeinden mit weniger als 9000 Einwohnern. Schelling will den abgestuften Bevölkerungsschlüssel zwar nicht abschaffen, aber stattdessen das Geld künftig mehr nach bestimmten Aufgaben verteilen. Insgesamt brachte der Finanzausgleich den Ländern mit Stand 2013 rund 22 Milliarden Euro, den Gemeinden 9,2 Milliarden Euro. (ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2016)

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