Was, wenn der neue Präsident ernst macht?

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THEMENBILD: PR�SIDENTSCHAFTSKANZLEI(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Bisher ließen es Staatsoberhäupter ruhig angehen. Das könnte sich nun ändern. Machtinstrumente hätte der neue Präsident einige.

Lächeln, repräsentieren, hier und da ein paar mahnende Worte: So verhielten sich Österreichs Bundespräsidenten bisher in aller Regel. Zu Beginn der Ersten Republik konnte das Staatsoberhaupt auch tatsächlich nicht viel mehr tun, hatte doch das Parlament die Zügel in der Hand.

Dem Nationalrat oblag es, die Regierung zu wählen und abzusetzen. Der Bundespräsident wurde auch nicht vom Volk auserkoren. Stattdessen wählte die Bundesversammlung (Nationalrat und Bundesrat gemeinsam) einen honorigen, aber zahnlosen Vertreter der Republik. Ein Amtsverständnis, das sich auch nach der Verfassungsnovelle von 1929 nicht stark änderte. Christlich-Soziale und Großdeutsche wollten damals einen starken Präsidenten. Die Sozialdemokraten waren dagegen. Ergebnis war ein Kompromiss. Der Bundespräsident wurde nicht so stark wie der US-Präsident. Aber er hat nun immerhin eine ähnliche Rolle, wie sie die britische Queen ausfüllt. So ernennen Queen und Bundespräsident den Regierungschef – und auf Vorschlag von diesem die Minister.

Auf eine Kraftprobe gegen den Nationalrat ließ sich aber auch in der Zweiten Republik kein Präsident ein. Mehr als Verhandlungen hinter den Kulissen und Schlechte-Laune-Bekundungen bei der Angelobung à la Thomas Klestil waren in der Praxis nicht drin. Das könnte künftig anders werden.

Denn insbesondere Norbert Hofer, aber auch in gewissem Rahmen Alexander Van der Bellen wollen ihre Machtbefugnisse stärker nutzen. Doch was könnte der Bundespräsident wirklich erreichen, wenn er ernst macht? Hofer hat etwa erwogen, eine ihm nicht folgende Regierung sofort zu entlassen, Van der Bellen damit geliebäugelt, bei einer etwaigen FPÖ-Absoluten den Nationalrat aufzulösen.

1. Die Regierung entlassen und eine neue ernennen.

Der Bundespräsident kann – ohne Angabe von Gründen – sofort nach Amtsübernahme die Regierung entlassen. Und einen neuen Kanzler ernennen, der sich wiederum eine neues Ministerkabinett bastelt. Freilich: Der Nationalrat könnte diese neue Regierung wiederum mit Misstrauensanträgen absetzen, ein Machtkampf mit der Hofburg entbrennen.

2. Den Nationalrat auflösen und für Neuwahlen sorgen.

Der Bundespräsident kann den Nationalrat auflösen – aber nur auf Antrag der Bundesregierung. Da wird die jetzige Regierung kaum mitspielen, da sie bei Neuwahlen nichts Gutes zu erwarten hat. Aber der Bundespräsident könnte eine ihm gefügige Marionette als Kanzler ernennen und auf Vorschlag dessen Regierung hin den Nationalrat auflösen. Und zwar, bevor der Nationalrat noch tagt und die Regierung wieder absetzen kann.

Dieses Szenario würde freilich für starke Irritationen sorgen und ist nicht besonders realistisch.

3. Neuwahlen durch Ausreizung der Machtinstrumente provozieren.

Wenn der Bundespräsident die rot-schwarze Regierung entlässt, wäre politisch schon allein deswegen Feuer am Dach. Der Nationalrat könnte darauf von sich aus Neuwahlen beschließen.

Alternativ könnte das Parlament aber auch eine Volksabstimmung zur Absetzung des Bundespräsidenten einleiten (Zweidrittelmehrheit im Nationalrat plus Beschluss der Bundesversammlung). Geht die Volksabstimmung gegen den Bundespräsidenten aus, wäre dieser abgesetzt. Geht die Abstimmung für das Staatsoberhaupt aus, wäre der Nationalrat aufgelöst und es gäbe Neuwahlen.

4. Internationale Abkommen wie TTIP verhindern.

Van der Bellen und Hofer sind gegen das Freihandelsabkommen TTIP. Hofer will es selbst bei einem Parlamentsbeschluss ohne Volksabstimmung nicht unterschreiben. Die Frage, ob das geht, lässt die Juristenhirne rauchen. Theo Öhlinger sagt, Hofer müsste dem Parlamentsbeschluss Folge leisten. Heinz Mayer (übrigens im Personenkomitee für Van der Bellen) entgegnet gegenüber der „Presse“, der Bundespräsident müsste das nicht tun.

Ludwig Adamovich, verfassungsrechtlicher Berater von Bundespräsident Heinz Fischer, machte nun in einem ORF-Interview darauf aufmerksam, dass dieses Szenario ohnedies kaum schlagend werden würde. Das Staatsoberhaupt könnte eine Unterzeichnung von TTIP nämlich schon verhindern, bevor sich das Parlament überhaupt damit befasst. Und zwar, in dem der Bundespräsident von Anfang an keine Vollmacht für den Abschluss des TTIP durch österreichische Verhandler gibt. Und dieser Ansicht stimmen auch Öhlinger und Mayer zu.

AUF EINEN BLICK

Diebeiden Kandidaten für die Stichwahl des Bundespräsidenten wollen das Amt neu definieren. Tatsächlich stünden ihnen Machtinstrumente zu, wie etwa die Entlassung der Regierung und die Ernennung eines neuen Kanzlers. Gegen die Mehrheit des Nationalrats kommt das Staatsoberhaupt aber auf Dauer nicht an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2016)

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