Angst vor Parteispaltung wächst in der SPÖ

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Der Druck von ÖGB und Burgenlands SPÖ steigt. Faymann ist bereit, über das Verhältnis zur FPÖ zu reden.

Der Schachzug der SPÖ-Spitze wurde durchschaut. Das Vorziehen des SPÖ-Bundesparteivorstandes von 17. auf 9. Mai hat der Parteiführung um Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann keine Atempause verschafft. Im Gegenteil: Zusätzlich zum Riss, der wegen der Verschärfung des Asylrechts vor allem durch die Wiener SPÖ geht, kommt es jetzt auch, wie schon nach der Nationalratswahl 2013, zum Aufstand gegen das strikte Nein Faymanns zu einer Koalition mit der FPÖ Heinz-Christian Straches. Am Vorabend des 1. Mai spitzte sich damit der offen ausgetragene Machtkampf um den Kurs der SPÖ und mögliche personelle Veränderungen an der Spitze weiter zu.


Ende der Ausgrenzung. In Teilen der Gewerkschaft, der oberösterreichischen, der Salzburger und der steirischen SPÖ war bereits in der Vergangenheit auf ein Ende der „Ausgrenzung“ der FPÖ gedrängt worden. Neu ist jedoch: Jetzt will selbst ÖGB-Präsident Erich Foglar über einen neuen Umgang mit der FPÖ reden. Von der SPÖ im Burgenland, die seit Juni 2015 mit der FPÖ in einer Koalition ist, kommt dafür volle Unterstützung.

Der SPÖ-Klubobmann im Landtag, Robert Hergovich, tritt im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“ dafür ein, die „Ausgrenzung“ der FPÖ zu beenden und die SPÖ-Mitglieder bei einer Befragung in Form einer Urabstimmung auch über dieses Thema entscheiden zu lassen. Denn das Nein zu einer Koalition mit der FPÖ auf Bundesebene sei „derzeit ein Nachteil“, beklagt der Fraktionschef in der SPÖ von Burgenlands Landeshauptmann, Hans Niessl. Es gehe nicht um ein Farbenspiel, so Hergovich, sondern darum, ob ein Programm mit der ÖVP oder der FPÖ besser umsetzbar sei.

SPÖ-Vorsitzender Faymann reagierte mittels Aussendung auf die neu entflammte Diskussion: „Ich bleibe bei meiner Haltung, ich gehe keine Koalition mit der FPÖ des Herrn Strache ein.“ Gleichzeitig ließ er aber aufhorchen. Er stemmte sich am Samstag trotz des geltenden SPÖ-Beschlusses im Bund gegen eine Koalition mit der FPÖ, auf den die SPÖ-Führung bisher stets verwiesen hat, nicht mehr gegen eine Klärung des innerparteilichen Konflikts.

Es sei selbstverständlich, dass die SPÖ im Zuge einer Strategiediskussion besprechen müsse, dass der Parteitagsbeschluss gegen eine Zusammenarbeit mit der FPÖ und die Realität auseinanderklafften. Denn in mehreren Gemeinden und auch im Burgenland gebe es Koalitionen mit den Freiheitlichen. „Das muss ausdiskutiert werden“, verlangte Faymann.


Strategiegruppe vor Parteitag. Zu diesem Konfliktpunkt wird nun vor dem für November geplanten SPÖ-Bundesparteitag von Faymann eine Strategiegruppe eingesetzt. In dieser werden alle roten Landesparteichefs, Vertreter der Jugend, der Gewerkschaft und der SPÖ-Frauen sitzen. Der Schwerpunkt der Beratungen wird der Frage der Koalitionen und den Bereichen Flüchtlings- und Integrationspolitik sowie Arbeitswelt, Wohnen und Bildung gewidmet sein.

Besonders in der Wiener SPÖ und in der Gewerkschaft herrscht vor dem heutigen Maiaufmarsch auf dem Wiener Rathausplatz höchste Nervosität. SPÖ-Abgeordnete, Gewerkschafter und Wiener Funktionäre befürchten – ohne namentlich genannt werden zu wollen – eine Parteispaltung in einen rechten und einen kleineren linken Flügel. Die Gründe: die Kluft in der Flüchtlingspolitik, das Nein zu einer Koalition mit der FPÖ, die aufgestaute Wut über Regierungs- und Parteichef Faymann. Ein roter Parlamentarier prophezeite der „Presse am Sonntag“, sollte im Herbst Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil als Alternative für die SPÖ-Führung nominiert werden, wäre die Spaltung der SPÖ nicht mehr aufzuhalten.

Foglar bestätigt das Nachrichtenmagazin „Profil“: „Wir können nicht jede Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ von vornherein ausschließen.“ Er sei sich aber im Klaren darüber, dass diese Diskussion „eine ziemliche Zerreißprobe für die SPÖ“ werde. Der ÖGB-Chef führte auch den Erfolg des FPÖ-Kandidaten, Norbert Hofer, bei der Bundespräsidentenwahl am vergangenen Sonntag ins Treffen: „Man kann die 35 Prozent Hofer-Wähler nicht ins rechte Eck rücken.“


Ordnungsruf Häupls. Wiens SPÖ mit Bürgermeister Michael Häupl und Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler setzte sich wie Faymann ebenfalls mittels Parteiaussendung gegen Kritiker und „Spaltungsfantasien“ zur Wehr. Wiens SPÖ lasse sich „nicht spalten oder auseinanderdividieren“. Man werden den 1. Mai als „Hochamt“ der Arbeiterbewegung begehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.05.2016)

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