Der Druck aus den Ländern zeigt Wirkung: Im Finanzministerium werden jetzt Änderungswünsche bei der Registrierkassenpflicht für Vereine geprüft.
Wien. Die Steuerreform lässt jedem Österreicher im Schnitt 70 Euro mehr im Monat, sie brachte Familien eine Erbschafts- und Schenkungssteuer bei Immobilien, der Höchststeuersatz wurde auf 55 Prozent angehoben – aber worüber reden alle? Über die Registrierkassenpflicht. Kein anderes Thema hat die „größte Steuerreform aller Zeiten“ (O-Ton Regierung) derart überschattet wie die Verpflichtung, ab einem Jahresumsatz von 15.000 Euro eine manipulationssichere Kasse zu führen.
Am Sonntag trat die Kassenpflicht nach einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) offiziell in Kraft, am gestrigen Montag gab es das erste ernsthafte Gespräch über eine mögliche Novellierung des Gesetzes. Salzburgs Landeshauptmann, Wilfried Haslauer (ÖVP), derzeit Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, deponierte am Vormittag bei einem persönlichen Gespräch die Wünsche der Bundesländer bei seinem Parteifreund Finanzminister Hans Jörg Schelling. Dabei ging es in erster Linie um Ausnahmen von der Registrierkassenpflicht für Vereine, aber auch eine Erhöhung der Umsatzgrenze von 15.000 auf 30.000 Euro wird von manchen Ländern gewünscht.
Landeshauptleute tagen
Das Treffen fand eine Woche vor der Landeshauptleutekonferenz kommende Woche in Salzburg statt, bei der es ebenfalls um die Registrierkassenpflicht gehen wird. Die neun Landeschefs wurden von Vereinen – Feuerwehren, Fußball, Musik – bestürmt, die Sorge vor den Folgen der Registrierkassenpflicht haben. Am vergangenen Sonntag verzichteten bereits einige Feuerwehren und Ortsvereine beim Maibaumaufstellen aus Angst vor dem Finanzamt auf das übliche Dorffest.
Zwar sind im Gesetz Ausnahmen für Vereine vorgesehen, doch die sind eng definiert. Diese Ausnahmen sollen entweder breiter ausgelegt werden oder mehr Vereinen soll Gemeinnützigkeitsstatus zuerkannt werden. Man benötige eine „unbürokratische, praktikable Lösung“, forderte Tirols Landeshauptmann Günther Platter.
Nicht nur die Landeshauptleute unterstützen die Forderungen der Vereine nach Erleichterungen, auch im Parteivorstand der ÖVP gibt es mächtige Fürsprecher: Die Jung-ÖVP etwa mit der Landjugend. Ende vergangener Woche ließ auch Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter bei einer Veranstaltung in Salzburg wissen, dass seiner Meinung nach die Kassenpflicht ein Fehler gewesen sei. Hier müsse man „nachjustieren“, es müsse „eine Sanierung und Reparatur“ des Gesetzes geben. Er forderte, wie auch der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, eine Erhöhung der Umsatzgrenze auf 30.000 Euro.
In der ÖVP wird intern freilich heftig um eine einheitliche Linie gerittert. Denn Wirtschaftsbund und Gastronomie fordern gleiche Pflichten für alle. Sie klagen, dass ihnen die Vereine mit den Dorffesten Umsatz wegnehmen. Für die Gastronomie sei das existenzgefährdend. Der Wirtschaftsbund will den Vereinen nur dann Erleichterungen bei der Registrierkassenpflicht zugestehen, wenn es im Gegenzug Erleichterungen für die Gastronomie gibt.
900 Mio. Euro an Einnahmen
Der Schwarze Peter liegt bei Schelling, der es sich – egal, wie er entscheidet – mit einem Teil der ÖVP noch weiter verscherzen wird. Verärgert ist man in seinem Büro deshalb, weil die Steuerreform mit Einführung der Registrierkasse vom gesamten ÖVP-Vorstand genehmigt wurde. Rupprechter hat im Ministerrat für das Paket gestimmt. Dass ausgerechnet jetzt, wenn die Registrierkassenpflicht in der Praxis in Kraft trete, wieder über die Sinnhaftigkeit diskutiert werde, sei „entbehrlich“, heißt es im Ressort.
Dennoch: Man werde nun die Wünsche der Landeshauptleute und der Landesfinanzreferenten im Detail prüfen und über mögliche Adaptierungen des Gesetzes verhandeln. Hochrangige ÖVP-Landespolitiker zeigen sich zuversichtlich, dass es Erleichterungen für Vereine geben werde.
Im Büro von SPÖ-Staatssekretärin Sonja Steßl, die die Idee zur Einführung von Registrierkassen hatte, verfolgt man die ÖVP-internen Debatten leicht amüsiert. Man verschließe sich Gesprächen aber nicht: „Wenn der Finanzminister mit uns reden will, bitte.“
Die Registrierkassenpflicht soll allein heuer 900 Millionen Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen ins Budget bringen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2016)