Der Riss geht auch durch die Gewerkschaft

OeGB-KONGRESS: FAYMANN/KATZIAN/FOGLAR
OeGB-KONGRESS: FAYMANN/KATZIAN/FOGLARAPA/ROBERT JAEGER
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Der oberste rote Gewerkschafter Katzian bildete ein Schutzschild für Parteichef Faymann. Am Montag stellt die Führungsriege die Weichen im SPÖ-Machtkampf.

Wien. Es ist ein Treffen mit Schlüsselcharakter: Stunden vor dem für Montagnachmittag angesetzten SPÖ-Bundesparteivorstand und dem Essen der SPÖ-Spitze in der Hofburg mit Bundespräsident Heinz Fischer trifft die Fraktion der SPÖ-Gewerkschafter (FSG) mit ihrem Vorsitzenden Wolfgang Katzian zusammen, um die Weichenstellungen im Personal- und Richtungskonflikt der SPÖ zu klären. Die Gewerkschafter gehörten bisher neben Wiens SPÖ sowie dem Pensionistenverband mit Karl Blecha als Präsident zu den Stützsäulen für Parteichef und Kanzler Werner Faymann.

Seit einer Woche hat sich die Situation innerhalb des Gewerkschaftsbundes allerdings deutlich geändert. ÖGB-Präsident Erich Foglar, der nicht nur im Führungsstreit um Faymann öffentlich weitgehend abgetaucht war, ließ mit seiner Aussage, das Verhältnis der SPÖ zur FPÖ zu überdenken, aufhorchen. Foglar, ruhiger Ex-Metaller-Vorsitzender, ÖGB-Finanzchef im Gefolge der Bawag-Turbulenzen und Gewerkschafter vom alten Schlag, brachte mit der Öffnung hin zu den Freiheitlichen, und sei es nur aus taktischen Überlegungen, die Mehrheitsmeinung in der Arbeitnehmerschaft und in den ÖGB-Reihen zum Ausdruck.

Katzian als linker Gegenpol

Wortführer der Abkehr vom Nein zur FPÖ ist der hemdsärmelige steirische Chef der Bauholz-Gewerkschafter Josef Muchitsch, der diese Kurskorrektur der SPÖ-Bundesparteispitze in der Öffentlichkeit längst mehrfach gefordert hat. Einer der namhaftesten öffentlichen Mitstreiter für eine neue Position zur FPÖ ist der steirische ÖGB-Chef Horst Schachner.

Auf dem Gegenpol angesiedelt war bisher FSG-Vorsitzender Wolfgang Katzian, der zugleich Chef der größten Teilorganisation im ÖGB ist: die Privatangestelltengewerkschaft (GPA). Katzian, der in seiner letzten Periode als GPA-Chef stehen dürfte, sieht sich in der Tradition seines Vorgängers Hans Sallmutter als besonders kämpferischer Spitzenmann der Arbeitnehmer und in noch längerer Tradition in der Reihe der linken Gewerkschaftsikone Alfred Dallinger.

Katzian war nach seiner Amtsübernahme von Sallmutter 2005 in den folgenden Jahren einer der Antreiber der Reichensteuer-Offensive in der Gewerkschaft und in der SPÖ. Mit GPA-Bundesgeschäftsführerin Dwora Stein ist eine ganz zentrale Vertreterin der Nein-zur-FPÖ-Linie direkt bei ihm. Katzian ist auch eng mit der Wiener SPÖ-Spitze um Bürgermeister Michael Häupl verbandelt, mit dem er auch die Leidenschaft für den Fußballklub Austria Wien teilt (Katzian ist dort Präsident).

Ende des Schweigens?

Zugleich ist Katzian das Hauptschutzschild für Werner Faymann in den Reihen der roten Gewerkschafter. Umso auffallender ist, dass sich ausgerechnet Katzian als eine der Schlüsselfiguren im SPÖ-Macht- und Richtungskampf jeder Stellungnahme verweigert hat, trotz mehrfacher Anfragen auch der „Presse“ gegenüber. Für den heutigen Freitag wurde jedoch fix mit einem Ende dieses selbst auferlegten Schweigegelübdes gerechnet.

Der Grund für die ungewohnte Zurückhaltung des sonst im Gegensatz zu Foglar für Medien stets ansprechbaren Gewerkschafters Katzian dürfte sein, dass auch er innerparteiliche Klärungen und Entwicklungen abwarten wollte. Und dass er allein aus Loyalität gegenüber dem Führungspersonal im Bund und in der Wiener SPÖ die Debatte um Faymann, die FPÖ und den Parteitagstermin nicht öffentlich weiter anheizen wollte.

CHRONOLOGIE

Nach demroten Desaster mit Rudolf Hundstorfer bei der Präsidentschaftswahl wird der schwelende Unmut laut. Man könne nicht zur Tagesordnung übergehen, sagt der Steirer Michael Schickhofer.

Brigitte Ederer fordert am Tag nach der Wahl den Rücktritt von Parteichef Werner Faymann. Die Ex-Siemens-Chefin macht ihn für das Debakel bei der Hofburgwahl verantwortlich.

In Wien fordert die stellvertretende rote Klubchefin Tanja Wehsely am selben Tag ebenfalls eine Personaldebatte. Es hagelt aus Wien auch Kritik am Flüchtlingskurs Faymanns.

Der Kärntner Landeschef Peter Kaiser bringt als Erster eine Vorverlegung des eigentlich für November geplanten Bundesparteitags ins Spiel. Ein Schwebezustand bis Herbst sei die schlechteste Option.

Mehrere Länder blasen vergangene Woche zum Aufstand gegen Faymann. Der Salzburger Landesparteichef Walter Steidl fordert offen die Ablöse des Parteichefs.

Beim Maiaufmarsch wird der Parteichef von der SPÖ-Basis ausgebuht. Die Obmanndebatte bekommt noch mehr Wind.

Kommenden Montag tagt der SPÖ-Bundesparteivorstand.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2016)

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