Mais-Trüffel als Modell für Pflanzenschädlinge

Maiskolben
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Wiener Forscher untersuchen schwarze Brandpilze, die Mais und anderes Getreide befallen. Sie fanden ein Gen, das dem Pilz hilft, das Immunsystem der Pflanze wie ein Spion zu überwachen, um sich auf ihr auszubreiten.

Wenn ein Schädling eine Pflanze befällt, handelt er so, wie wenn sich Spione in ein System einschleichen: Der Schädling besetzt wichtige Schaltstellen der Kommunikation in der Wirtspflanze, um ihren Stoffwechsel für sich zu nutzen. „Es ist, als ob fremde Kräfte eine Gesellschaft kontrollieren wollten. Sie müssen nicht jedes Detail, sondern nur die wichtigsten Schaltstellen in Medien, Justiz, Militär und Finanzwesen kontrollieren“, sagt Armin Djamei, Gruppenleiter am Gregor-Mendel-Institut (GMI) in Wien, das zur Österreichischen Akademie der Wissenschaften gehört.

„Unser Beispiel ist der Brandpilz Ustilago maydis, der Mais befällt: Er vermehrt sich in Gallen und lebt auf und in der lebenden Pflanze. Wenn seine schwarzen Sporen freigesetzt werden, sehen die Pflanze und der Maiskolben verbrannt aus“, erklärt Djamei. Der Pilz ist eigentlich ungefährlich, in Mexiko wird er als Mais-Trüffel sogar als Delikatesse gezüchtet. Doch in Österreich schadet er, da für verpilzte Maiskolben kein Markt besteht. Das ungefährliche Wirt-Parasit-System an einer für den Menschen wichtigen Ernährungspflanze dient nun als Modell, wie ein Schädling die Kontrolle über den Wirt bekommen kann.

Sensorium für Salicylsäure

Der Brandpilz vermehrt sich nur auf Mais, nicht auf anderen Pflanzen. „Wir haben entdeckt, dass der Pilz ein Sensorium für Substanzen hat, die die Pflanze als internes Warnsignal bei der Pilzabwehr einsetzt“, sagt Djamei. Salicylsäure ist ein Pflanzenhormon und Teil des pflanzlichen Immunsystems: Der Wirkstoff heilt auch Erkrankungen unserer Haut bzw. sind Modifikationen der Salicylsäure Bestandteil vieler Schmerzmittel.

Durch genetische Screenings und Tests an 84.000 genetischen Mutanten des Pilzes konnte Djameis Team ein Gen identifizieren, dessen Produkt einerseits als Sensor für Salicylsäure dient, andererseits ein Aktivator für andere Gene ist, die für das Pilzwachstum wichtig sind. „Wir haben einen Knock-out-Pilz erzeugt, der dieses Gen nicht hat: Nun kann dieser Mutantenstamm in der Petrischale mit Salicylsäure als Nährstoff nicht mehr wachsen“, sagt Djamei. Die Natur ist aber anders als ein Laborschälchen, in dem man alle Umweltbedingungen regulieren kann.

„Der Knock-out-Pilz wächst auf der Pflanze trotzdem.“ Es muss also noch andere Signale als Salicylsäure geben, damit der Brandpilz erkennt, dass er auf Mais sitzt. „Das ist wohl wie bei uns: Wir verlassen uns auch nicht nur auf die Augen, um zu sehen, wo wir sind. Viel mehr Sinne spielen mit, wenn wir wissen wollen, was in unserer Umgebung vor sich geht“, sagt Djamei. Die Suche nach den restlichen „Sinnen“, die den Pilz wissen lassen, wie es seinem Wirt geht, ist also noch nicht zu Ende.

Derzeit konzentrieren sich die Forscher auf ein ähnliches Wirt-Parasit-System, das im Labor aber leichter zu bearbeiten ist. „Mais wächst bis zu zwei Meter hoch, er braucht lang, bis er reif ist, und ist genetisch schwer zu verändern. Der Platz im Labor kann knapp werden: Mit genetisch veränderten Pflanzen dürfen wir nicht ins Freiland gehen“, sagt Djamei. Darum füllen im GMI an der Wiener Dr.-Bohr-Gasse nun Brachypodium-Gräser die Räume: Sie sind eng verwandt mit Getreide wie Gerste, aber leichter zu halten, leichter genetisch zu verändern, wachsen schneller, sind klein und handlich.

Molekularer Pflanzenschutz

Dieses Modellgras wird von einem anderen Brandpilz befallen, der auch schwarze Sporen produziert, aber der Pflanze sonst nicht sehr schadet. Weltweit erstmals untersuchen die Wiener nun diesen Brandpilz an Brachypodium-Gras, um besser zu verstehen, welche Signale in der Kommunikation zwischen Pilz und Pflanze wichtig sind. Langfristig könnte dabei ein Ansatz herauskommen, um Pflanzen mit molekularen Mitteln vor Pilzbefall besser zu schützen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2016)

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