Straches Vorbereitung auf eine Kanzlerschaft

Leader of the Austrian Freedom party Strache and presidential candidate Hofer attend a May Day event in Linz
Leader of the Austrian Freedom party Strache and presidential candidate Hofer attend a May Day event in Linz(c) REUTERS (DOMINIC EBENBICHLER)
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Der FPÖ-Chef holt sich seinen Wiener FPÖ-Stadtrat David Lasar in den Nationalrat. Das Mitglied der israelitischen Kultusgemeinde soll (nicht nur) in Israel den Boden für eine FPÖ-Regierung im Jahr 2018 aufbereiten.

Wien. Auf den ersten Blick war es eine unspektakuläre Meldung. Gernot Darmann wechselt als FPÖ-Landesrat nach Kärnten – ihm folgt im Nationalrat David Lasar, derzeit nicht amtsführender Stadtrat in Wien. Dessen Job übernimmt Ursula Stenzel, die 2015 von der ÖVP zur FPÖ übergelaufen ist.

Keine triviale Personalrochade

Auf den zweiten Blick ist es mehr als eine triviale Personalrochade – ausgelöst von der blauen Notwendigkeit, die Kärntner Landespartei schlagkräftiger aufzustellen, was Gernot Darmann nun erledigen soll: Mit diesen personellen Änderungen bereitet sich Heinz-Christian Strache auf das Jahr 2018 vor – auf das Jahr der (planmäßig) nächsten Nationalratswahl. Und hier kommt Lasar, Mitglied der Israelitischen Kultusgemeinde, eine Schlüsselrolle zu.

Hintergrund: Nach der Nationalratswahl wird voraussichtlich kein Weg an der FPÖ vorbeiführen. Zu sehr hat sich die ehemals Große Koalition demontiert, bei der Bundespräsidentenwahl kam sie gemeinsam ja nur noch auf rund 22 Prozent, während die FPÖ auf Bundesebene mit mehr als 30 Prozent stabil etwa zehn Prozentpunkte vor beiden liegt. Demnach werden SPÖ und ÖVP zu schwach für eine gemeinsame Koalition sein (abgesehen davon, dass sie nicht mehr miteinander können, weshalb die SPÖ derzeit eine Öffnung zur FPÖ diskutiert).

Mit einem blauen Kanzler sind heftige internationale Reaktionen erwartbar. Das hat nicht zuletzt der Sieg von Norbert Hofer in der ersten Runde der Bundespräsidentenwahl gezeigt. Hier kommt nun Lasar ins Spiel: Er soll in Straches Auftrag dafür sorgen, dass Proteste, vor allem aus Israel, im Fall des Falles nicht zu heftig ausfallen. Oder am besten ausbleiben. Zu deutlich sind in der FPÖ die Sanktionen gegen die schwarz-blaue Regierung vor 16 Jahren in Erinnerung. Das blaue Kalkül: Ohne Proteste aus Israel werden es andere Länder 2018 mit ihrer Kritik schwerer haben, womit die FPÖ dann international salonfähig wäre. „Es ist gut, wenn man hier noch ein paar Sachen vorbereitet. Natürlich auch in der Außenpolitik, die bisher nicht so bedeutend (für die FPÖ, Anm.) war“, so Lasar.

Was bedeutet das konkret? „Ich werde viele Auslandsreisen machen, um Missverständnisse aufzuklären und auf Fakten hinzuweisen“, meint Lasar, der nicht nur seine jüdische Herkunft demonstrativ betont. Sondern auch, dass sein Vater rund 30 Jahre Generalsekretär der Likud-Fraktion in der Kultusgemeinde in Österreich war.

Organisator der Israel-Reise

Die freiheitliche Linie bei den Reisen zu den ausländischen jüdischen Communitys: „Strache kann nichts dafür, was Jörg Haider gemacht hat.“ Damit klingt Lasar ironischerweise wie Franz Vranitzky, der 1986 die Doktrin „Keine Koalition mit der FPÖ“ aufgestellt, vor wenigen Tagen seine Warnung vor Rot-Blau aber genau so relativiert hat: Heute sei die Situation „eine völlig andere“.

Ein Vorbote dieser FPÖ-Strategie: Vor einem Monat reiste Strache mit den Vizelandeshauptleuten Manfred Haimbuchner und Hans Tschürtz nach Israel. Lasar: „Diese Reise habe ich organisiert.“ Gleichzeitig deutet er an, wie die FPÖ Gemeinsamkeiten mit Israel und der jüdischen Community aufbauen will: Kritik am Antisemitismus arabischer Länder, aus denen viele Flüchtlinge stammen; nachdem schon Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, sehr deutlich vor einem Erstarken des Antisemitismus in Österreich durch die Einwanderung aus den Ländern des Nahen Ostens gewarnt hat.

Aus diesem Grund ist der FPÖ-Politiker „sehr glücklich“, dass ihm als FPÖ-Stadträtin die Ex-ÖVP-Politikerin Ursula Stenzel folgt, die 2015 zur FPÖ übergelaufen ist: „Sie ist ein bürgerliches Signal. Und sie hat auch jüdische Wurzeln.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2016)

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