Geht Faymann in die Verlängerung?

GEDENKEN AN DIE BEFREIUNG VOM NATIONALSOZIALISMUS UND AN DIE BEENDIGUNG DES ZWEITEN WELTKRIEGES IN EUROPA: FAYMANN
GEDENKEN AN DIE BEFREIUNG VOM NATIONALSOZIALISMUS UND AN DIE BEENDIGUNG DES ZWEITEN WELTKRIEGES IN EUROPA: FAYMANNAPA/HERBERT P. OCZERET
  • Drucken

Die Zeichen stehen auf einem Verbleib Werner Faymanns als SPÖ-Chef und Kanzler. Es könnte allerdings ein Abschied auf Raten sein – bis zum Parteitag, der nun doch erst im Herbst stattfinden dürfte.

Am vorigen Sonntag musste Werner Faymann gegen Pfiffe und Buhrufe auf dem Wiener Rathausplatz ansprechen. Die ohnehin schon kurze Rede geriet noch kürzer. Der SPÖ-Vorsitzende stand konsterniert auf der Bühne vor dem Rathaus, die „Werner, der Kurs stimmt“-Schilder seiner Anhänger aus den Wiener Flächenbezirken waren ein schwacher Trost. Die Zeichen standen auf Abschied.

Doch mittlerweile stimmt der Kurs tatsächlich wieder. Seit Freitag hat sich der Wind nämlich gedreht – zugunsten des Überlebenskünstlers Werner Faymann. Am Sonntag stand er dann schon wieder gefasst über den Niederungen der SPÖ-Querelen. Am Vormittag hatte er zur Gedenkveranstaltung anlässlich des 8. Mai, des Tags der Befreiung vom Nationalsozialismus, ins Kanzleramt geladen. Danach flog er nach Stockholm, um mit Gesinnungsgenossen wie dem schwedischen Premier Stefan Löfven und SPD-Chef Sigmar Gabriel über Themen wie TTIP oder die Flüchtlingskrise zu beraten.

Was war in dieser Woche vom 1. bis zum 8. Mai geschehen? Zum einen hat Werner Faymann mobilisiert – sich selbst und seine Getreuen. In unzähligen Telefonaten wurde versucht, Abtrünnige umzustimmen, Verbündete zu halten. Nicht immer gelang das: Bau-Holz-Gewerkschafter Josef Muchitsch, der bisher zum Faymann-Lager zählte, legte dem Kanzler sogar in einem offenen Brief den Rücktritt nahe. Vor allem Josef Ostermayer machte wieder einmal geschickt Stimmung für seinen Herrn. Im Gegensatz zu Faymann verfügt Ostermayer in weiten Teilen der Partei noch über eine entsprechende Autorität.

Und dann waren da die Faymann-Gegner, die sich nach dem Motto „Hauptsache, Faymann ist weg“ nicht wirklich auf einen Nachfolger einigen konnten. Die einen waren für Christian Kern. Die anderen für Gerhard Zeiler. Dieser Riss ging auch quer durch die Anti-Faymann-Fraktion der Wiener SPÖ.

Und der Wiener Partei – genauer gesagt Bürgermeister Michael Häupl – kam auch die entscheidende Rolle im Vorfeld des Parteivorstands am Montag zu. Am Ende der Vorwoche soll Häupl Faymann zugesichert haben, dass er ihn stützen werde. Sofern dies nicht eine Finte war, um ihn in Sicherheit zu wiegen, um im Hintergrund die Ablöse vorbereiten zu können, wird Werner Faymann den Parteivorstand als Sieger verlassen.

Mehrheit im Vorstand hinter sich

Und danach sieht es auch aus. Nach dem Stand am Sonntagnachmittag hat Faymann eine Mehrheit im Parteivorstand hinter sich. Selbst die Kärntner SPÖ, die noch in der Vorwoche Christian Kern favorisiert hat, hat das akzeptiert. Nicht zu überzeugen war nur der Salzburger Parteichef, Walter Steidl. Der Tiroler SPÖ-Chef Ingo Mayr hingegen meinte am Sonntag: „Meine Unterstützung hat Faymann.“ Ähnlich hatte sich zuvor auch schon der Niederösterreicher Matthias Stadler geäußert.

Es wird allerdings ein Pyrrhussieg werden. Denn Werner Faymann hat nun noch mehr innerparteiliche Gegner als je zuvor. Und der Druck auf ihn wird nicht nachlassen. Spätestens beim Parteitag im Herbst, der nun nicht vorverlegt werden dürfte – auch hier hat sich Faymann letztlich durchgesetzt – stellt sich die Frage, ob der amtierende SPÖ-Chef überhaupt noch eine Mehrheit zustande bekommt.

Daher verstehen viele, die Werner Faymann nun eher widerwillig doch noch einmal unterstützen, das Ganze als eine Art Abschied auf Raten. Faymann soll die Gelegenheit gegeben werden, in Würde bis zum Parteitag im Herbst abzutreten beziehungsweise einen gesichtswahrenden anderen Job zu finden – beispielsweise in der EU. So ist in etwa der Plan.

Wer den Kampfeswillen Werner Faymanns in den vergangenen Tagen erlebt hat, sollte allerdings nicht unbedingt darauf wetten, dass das dann auch so eintritt. In einem halben Jahr kann einiges passieren – und Werner Faymann wird jede Chance nützen, sofern sich eine bietet, um im Amt zu bleiben. Das entspricht auch seinem Selbstverständnis: Er sei Kanzler, da müsse man Kritik eben aushalten und laufe nicht einfach davon. Mit diesem Mantra hat er auch die vergangenen Wochen überstanden, als der innerparteiliche Widerstand gegen die nun restriktivere Flüchtlingspolitik der Regierung immer größer wurde.

SPÖ-Lostag

Die Gremien tagen. Am Montag trifft sich am Vormittag die sozialdemokratische Gewerkschaftsfraktion, um darüber beraten, wie es an der SPÖ-Spitze und im Umgang mit der FPÖ weitergehen soll. Ebenfalls vormittags trifft sich SPÖ-Chef Werner Faymann mit den SPÖ-Landesparteichefs – ehe diese dann zu Bundespräsident Heinz Fischer zum Mittagessen gehen. Und um 16 Uhr beginnt dann der Bundesparteivorstand der SPÖ.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 9. Mai 2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.