Bei bestimmten Voraussetzungen gewährt die Stadt öfter Sozialgeld. Im Regelfall gibt es die Leistung sonst hingegen nur zwölfmal.
Wien. In der öffentlichen Diskussion sind, wenn es um die Mindestsicherung geht, die Augen derzeit Richtung Linz gerichtet. Dort laufen von ÖVP und FPÖ die Vorbereitungen, Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten künftig nur mehr 520 Euro statt 914 Euro im Monat Mindestsicherung zu gewähren. Eine bisher öffentlich kaum bekannte günstigere Regelung in der Bundeshauptstadt Wien beim Erhalt einer Mindestsicherung dürfte der Debatte um Kürzungen dieser Sozialleistung neuen Auftrieb geben. In Wien wird Empfängern nach längerem Bezug die Mindestsicherung 14-mal pro Jahr gewährt, wie der „Presse“ von SPÖ-Seite im Wiener Rathaus bestätigt wurde. Dabei war österreichweit ebenfalls von SPÖ-Seite stets betont worden, dass dieses Sozialgeld nur zwölfmal im Jahr ausbezahlt werde.
Was einer breiteren Öffentlichkeit seit Langem verborgen geblieben ist, wurde durch einen in der „Kronen Zeitung“ von ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka aufgedeckten Fall besonders publik. Demnach wurde einem mutmaßlichen islamischen Hassprediger, der vor Gericht steht und mehrfachen Familienvater ist, die Mindestsicherung 14-mal überwiesen. Im Wiener Rathaus konnte man das zwar im konkreten Fall auf Nachfrage der „Presse“ nicht bestätigen. Allerdings ist der 14-malige Bezug der Mindestsicherung in Wien kein Einzelfall. Die häufigere Zahlung ist unter bestimmten Voraussetzungen legal. Diese wird bei Personen im Erwerbsalter gewährt, wenn diese als nicht mehr arbeitsfähig gelten und sie schon länger als ein Jahr lang diese Sozialleistung beziehen. Argumentiert wird, dass etwa auch die Invaliditätspension bei einem krankheitsbedingten Ruhestand 14-mal überwiesen wird. Außerdem können Menschen im Pensionsalter eine 14-malige Auszahlung erhalten.
Das seit 2010 rot-grün regierte Wien hat bei der im September 2010 eingeführten Mindestsicherung als Zuschlag für Kinder ebenfalls eine höhere Zahlung ermöglicht. Zugleich stemmt sich die SPÖ in Wien, allen voran mit Sozialstadträtin Sonja Wehsely, seit Monaten gegen Kürzungspläne und eine von der ÖVP geforderte Deckelung der Mindestsicherung für Familien mit 1500 Euro im Monat.
Vor Kürzung in Oberösterreich
Weil die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über eine 15-a-Vereinbarung zur Neuregelung der Mindestsicherung ab 2017 zumindest bis nach Pfingsten nach einem Veto Niederösterreichs gestoppt sind, drückt die schwarz-blaue Koalition in Oberösterreich bei Verschärfungen im Land aufs Tempo. ÖVP und FPÖ halten an der Senkung dieser Sozialleistung für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte von 914 auf 520 Euro monatlich fest. Drei zuletzt angekündigte Abfederungen dieser Verschärfung sollen schon am Donnerstag dieser Woche den Sanktus im oberösterreichischen Landtag erhalten. Die als Reaktion auf den Flüchtlingszustrom angestrebte Reduktion der Sozialleistung soll dann im Juni in Oberösterreich beschlossen werden.
Der grüne Landesrat Rudi Anschober, der mit seiner Partei wie die SPÖ den „Kahlschlag“ bei der Mindestsicherung bekämpft, tut das nun gestützt auf ein neues Gutachten des Sozialrechtlers Walter Pfeil von der Universität Salzburg. Demnach sei die Kürzung für Asylberechtigte rechtswidrig. Anschober schlägt daher eine Vorab-Prüfung bei einem Höchstgericht vor.
ÖVP-Sozialsprecher und Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer ist ungehalten, weil die Grünen das Gutachten nun erst jetzt nach mehreren Beratungen im Unterausschuss des Sozialausschusses vorlegen. Nach Ansicht anderer Sozialexperten sei, wie der ÖVP-Politiker bekräftigt, eine Differenzierung bei der Auszahlung an Österreicher und andere Personengruppen möglich.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2016)