Buwog-Akt: "Grasser hat wenig verzögert"

Karl-Heinz Grasser
Karl-Heinz Grasser(c) Clemens Fabry
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In dem 850 Seiten dicken Anklageentwurf geht es um die Privatisierung von Buwog-Wohnungen. Nun muss der Weisungsrat dazu eine Stellungnahme abgeben.

Der von der Korruptionsstaatsanwaltschaft vor Monaten ausgearbeitete Vorhabensbericht in Sachen Buwog - aller Voraussicht nach handelt es sich um einen Anklage-Entwurf - wird demnächst von der Fachabteilung des Justizressorts an den Weisungsrat (Beratungsgremium des Ministers) zur Prüfung weitergeleitet. Sektionsleiter Christian Pilnacek wollte im "Falter"-Interview nicht sagen, was genau Inhalt des Vorhabensberichtes ist, gestand dem Hauptbeschuldigten Karl-Heinz Grasser aber zu, dass dieser das Verfahren nur "wenig" verzögert habe.

Inhalt des Verfahrens ist die Privatisierung von 60.000 Wohnungen der Buwog, die im Juni 2004 um 961 Millionen Euro an ein Konsortium österreichischer Bieter gingen. Dabei hatte es kurzfristig eine zusätzliche Versteigerungsrunde gegeben, in der die unterlegene CA Immo nur um eine Million Euro überboten wurde. Fünf Jahre später erstatteten die Lobbyisten und (damaligen) Grasser-Freunde Walter Meischberger und Peter Hochegger Selbstanzeige, weil sie aus dem Deal knapp 10 Millionen Provision kassiert und nicht versteuert hatten. Seither ermittelt die Staatsanwaltschaft, ob bei der Privatisierung alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Grasser wie auch Meischberger, Hochegger und andere Angeklagte betonten, dass die Privatisierung "supertransparent" gelaufen sei. Die Beschuldigten weisen die Vorwürfe entschieden zurück.

"Wollten nicht nur Indizienketten schmieden" 

Für Pilnacek hat die lange Verfahrensdauer von sieben Jahren damit zu tun, dass der ursprünglich kleine Fall immer größer geworden sei und zum Anlass genommen worden sei, eine hochspezialisierte Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu gründen. Dort werde nun im Team und mit ausreichend Ressourcen ermittelt. Anfangs habe man sehr lange auf eine gerichtliche Entscheidung warten müssen, ob Unterlagen verwenden werden können, die bei einem Steuerberater beschlagnahmt worden waren. Dann habe sich die Staatsanwaltschaft auf eine intensive Suche nach Beweisen gemacht. "Wir wollten nicht nur Indizienketten schmieden, sondern der Spur der Zahlungen folgen. Das grundsätzliche Problem ist, konspirative Geldflüsse konkreten Personen zuzuordnen", begründete Pilnacek im "Falter" die lange Verfahrensdauer.

Auf die Frage, ob Grasser das Verfahren in die Länge gezogen habe, meint Pilnacek: "Nein, zumindest im Vergleich zum Banker Julius Meinl nicht. Grasser hat das Verfahren aus meiner Sicht wenig verzögert." Zwar habe er anfangs Hausdurchsuchungen bekämpft und "natürlich nicht sofort alles vorgelegt, aber das muss er ja auch nicht. Er hat es auch nicht darauf angelegt, den Staatsanwälten Prügel vor die Füße zu werfen."

"Der Fall wird zum Maßstab werden"

Im Steuerstrafverfahren gegen Grasser hänge viel davon ab, ob die hochkomplexe Stiftungskonstruktion vom Steuerberater entworfen wurde, wie Grasser behauptet, denn "dann würde sein Strafverfahren wohl mangels Steuerhinterziehungsvorsatz eingestellt werden", so Pilnacek. Die Staatsanwaltschaft sei jedenfalls sehr interessiert, "eine hervorragende Erledigung dieses Falles zu ermöglichen. Wir stehen im Lichte der Öffentlichkeit. Und der Fall wird zum Maßstab werden - für uns und für das Gericht." Das Justizministerium wolle sich nicht in die Ermittlungstaktik einmischen, "aber wir regen grundsätzlich schon an, dass man die Konzentration darauf legt, das Exemplarische eines Falles herauszuarbeiten und sich nicht an Nebenfronten zu verstricken."

Geharnischte Kritik am Meischberger-Freispruch

Kritisch geht Sektionschef Pilnacek mit dem in einem anderen Verfahren ergangenen Freispruch um. Dieser Freispruch betrifft den Lobbyisten und Grasser-Trauzeugen Walter Meischberger. Es ging im Prozess um eine Zahlung an Meischberger in Höhe von 600.000 Euro. Meischberger will das Geld für einen Tipp erhalten haben, die Staatsanwaltschaft vermutete eine Scheinrechnung. Das Gericht sprach Meischberger im Zweifel in erster Instanz frei, die Staatsanwaltschaft hat allerdings Nichtigkeit angemeldet, sodass das Urteil nicht rechtskräftig ist.

"Mich wundert, dass so eine klare Indizienkette nicht überzeugt hat. Möglicherweise hat es sich das Gericht hier zu einfach gemacht. Ich sehe umgekehrt natürlich auch, dass es bei Wirtschaftsstrafverfahren sehr schwierig ist, einen Schädigungsvorsatz nachzuweisen."

Man kann diese Aussage von Pilnacek auch als eine zumindest milde Form der Urteilsschelte sehen. Manfred Ainedter, der Anwalt von Karl-Heinz Grasser, zeigte sich im "Presse"-Gespräch "befremdet" und "irritiert" über diese Äußerung von Pilnacek, die ja an die Adresse eines unabhängigen Gerichts geht.  

In den verschiedenen Verfahren gegen den Banker Julius Meinl liege der Akt noch bei der Staatsanwaltschaft, die "Dividendenaffäre" sei bei der Oberstaatsanwaltschaft, so Pilnacek im "Falter"-Interview weiter. Außerdem bestätigte der Sektionschef ein Steuerstrafverfahren gegen Meinl: "Ja, das hängt mit der Dividendenausschüttung zusammen. Hier muss geklärt werden, ob die Ausschüttung eine Steuerpflicht in Österreich zur Folge hat."

(m. s./APA)

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