Die SPÖ - eine Partei auf ihrem Tiefststand

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Christian Kern soll die SPÖ wieder auf Vordermann bringen - eine große Aufgabe. Denn seit 2006 ging es mit ihr fast ausnahmslos bergab.

ÖBB-Chef Christian Kern hat es in den vergangenen Tagen vollbracht, dass sich alle SPÖ-Länderorganisationen sowie die sozialdemokratischen Gewerkschafter für ihn ausgesprochen haben. Zudem hat am Donnerstag der Medienmanager Gerhard Zeiler, der einzige ernsthafte Kontrahent, sein Interesse zurückgezogen. Insofern gilt die Designierung Kerns in der von Wiens Bürgermeister Michael Häupl geleiteten Findungsgruppe am heutigen Freitag (die SPÖ-Landesparteichefs und Gewerkschafter kommen ins Wiener Rathaus) nur noch Formsache. Offiziell als Kandidat für den Parteivorsitz nominiert werden soll der 50-jährige Bahnsanierer in einem Parteivorstand am Dienstag. Die Wahl zum SPÖ-Chef erfolgt dann bei einem Bundesparteitag am 25. Juni.

Doch wie ist es um die Partei bestellt, die Kern künftig anführen soll?

Die Sozialdemokraten stehen im Nationalrat und in sechs Ländern am historischen Tiefststand, in zwei weiteren Ländern nur wenig darüber, bei der Bundespräsidentenwahl erlebte ihr Kandidat ein Debakel. Seit dem Ende von Schwarz-Blau-Orange 2006 ging es mit der SPÖ fast ausnahmslos bergab.

In 17 von 18 Landtagswahlen Stimmenanteile verloren

Schon ehe im Bund im Jahr 2000 Schwarz-Blau das Ruder übernahm, hatten die Roten einen langen Niedergang erlitten - seit den 1980er-Jahren, also seit die FPÖ unter Jörg Haider auf Erfolgskurs segelte. Die Oppositionsrolle und die Enttäuschung der Wähler über die Regierungsperformance von FPÖ/BZÖ brachten eine Phase der Erholung: Von 2000 bis 2005 legte die SPÖ bei allen Wahlen in Ländern und im Bund zu, 2006 wurde sie wieder Erste bei der Nationalratswahl - und kam zurück in die Regierung.

Damit war die Konsolidierung zu Ende: Ab den nächsten Wahlen im Jahr 2008 - das Jahr, in dem Werner Faymann Alfred Gusenbauer ablöste - musste die SPÖ fast ausnahmslos Einbußen hinnehmen, während die FPÖ wieder einen Erfolg nach dem anderen feierte. In 17 von 18 Landtagswahlen verlor die SPÖ Stimmenanteile, bei den Nationalratswahlen 2008 und 2013 ebenso (wenngleich es immer noch für Platz 1 reichte), bei der EU-Wahl 2009 setzte es ein kräftiges Minus, 2014 gab es zwar ein kleines Plus, aber wieder nur Platz 2. Und bei der Bundespräsidenten-Wahl am 24. April diesen Jahres musste sich Hundstorfer mit 11,28 Prozent zufriedengeben, etwas mehr als ein Viertel der schwächsten Ergebnisse seiner Vorgänger.

Nur in Kärnten gab es einen Erfolg

Nur einen wirklich großen Erfolg gab es in diesen acht Jahren: In Kärnten nahm die SPÖ 2013 der - skandal- und affärengeschüttelten - FPÖ mit einem satten Plus den ersten Platz und den Landeshauptmannsessel ab. Dafür verlor sie den unter Schwarz-Blau geholten in der Salzburger Finanzskandalwahl mit einem Rekord-Minus von 15,6 Punkten. In der Steiermark übergab Franz Voves 2015 den Landeshauptmann an die ÖVP, obwohl die SPÖ Erste blieb. Somit stellt die SPÖ jetzt nur mehr drei Landeshauptleute: Hans Niessl im Burgenland, Peter Kaiser in Kärnten und Michael Häupl in Wien.

Als Erfolg gefeiert wurde von der SPÖ auch Häupls Wiener Wahl im Oktober des Vorjahres - weil es ihm entgegen allen Prognosen gelungen war, deutlich vor der FPÖ durchs Ziel zu gehen. Aber auch er verlor (fast fünf Prozentpunkte) und hielt sich nur sehr knapp über dem historischen Tief. Ähnlich Niessl 2015 im Burgenland, wo das historische Tief auch noch aus der Zeit stammt, in der die SPÖ Zweite hinter der ÖVP war. Niessl entschied sich angesichts eines Minus von mehr als sechs Punkten zum Partnerwechsel und brach damit das FPÖ-Koalitions-Tabu.

In Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, der Steiermark, Tirol und Vorarlberg bekam die SPÖ bei den letzten Landtagswahlen so wenig Zustimmung wie nie davor in der Zweiten Republik. Vorarlberg bescherte den Sozialdemokraten sogar die traurige Premiere des ersten einstelligen Landtags-Ergebnisses (8,8 Prozent) und schon vorher des nur mehr vierten Ranges. Oberösterreich sorgte 2015 für einen weiteren Schock: Die SPÖ blieb in diesem Industrieland unter der 20er-Marke und fiel hinter die FPÖ auf Platz 3 ab.

2018 steht Superwahljahr bevor

Faymann, ganz politischer Überlebenskünstler, hielt sich all die Jahre mehr oder weniger unangefochten im Amt. Bis zum Debakel bei der Bundespräsidentenwahl. Da war die Stimmung nach den Wahlschlappen des Vorjahres, Rot-Blau im Burgenland und dem Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik schon so schlecht, dass er weichen musste. Ob sein Nachfolger Kern es schafft, die SPÖ wieder auf Konsolidierungskurs zu bringen, wird sich - wenn nicht vorzeitig zu den Urnen gerufen wird - erst in zwei Jahren zeigen. 2017 stehen nur ÖH- und ein paar Gemeinderatswahlen am Programm. Dafür wird 2018 ein Superwahljahr: Im Frühjahr werden in Kärnten, Niederösterreich, Tirol und Salzburg die Landtage gewählt und im Herbst regulär der Nationalrat.

(APA/Red.)

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