Kern in der ZiB2: "FPÖ kein geeigneter Koalitionspartner"

Zu diesem Zeitpunkt war er schon Bundeskanzler: Christian Kern winkt in Richtung Fotografen nach dem Angelobungstermin bei Bundespräsident Heinz Fischer.
Zu diesem Zeitpunkt war er schon Bundeskanzler: Christian Kern winkt in Richtung Fotografen nach dem Angelobungstermin bei Bundespräsident Heinz Fischer.APA/HERBERT NEUBAUER
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Der neue Kanzler gibt sich ganz als Staatsmanager. Doris Bures will er zeigen, dass er ein geeigneter Kanzler ist. Als Verschwörer sieht er sich überschätzt.

Der frischgebackene Bundeskanzler und designierte SPÖ-Chef Christian Kern war Dienstagabend, wenige Stunden nach seiner Angelobung, zu Gast in der ORF-Sendung "ZiB2". Mit meist stoischer Miene wiederholte Kern gegenüber Moderator Armin Wolf seine Worte der Antrittspressekonferenz von Dienstagnachmittag. Mit dem "System der Machtversessenheit" hätte er nicht nur die Regierung gemeint, sondern generell die österreichische Politik.

Dass er überhaupt Kanzler werden könne, sei durch den klaren Regierungsauftrag an die Sozialdemokratische Partei bei der letzten Nationalratswahl legitimiert, auch wenn er nicht auf einer Liste kandidiert hätte wie sein Vorgänger Faymann. "Diese Form der Legitimation ist eine stärkere, aber am Ende des Tages haben wir ein Listenwahlrecht", verteidigt Kern seinen Quereinstieg an die Spitze der Regierung. In dieser Situation der Politikverdrossenheit mache es Sinn. "Angesichts der Dimension der Herausfoderung, glaub ich, dass viele Menschen verstehen, wenn man einen neuen Weg geht." Schließlich hätte er selbst in den letzten Jahren wegen des vielen Streitens das Interesse an Innenpolitik verloren, ob es Armin Wolf nicht ähnlich ergangen sei? Die Frage Kerns an den Journalisten blieb der einzige Moment, in dem Kern ein wenig lächelte.

Dass Nationalratspräsidentin Doris Bures ihn in einem Interview einmal als nicht geeignet für das Kanzleramt bezeichnet hatte, lässt Kern eher kalt. "Mein Ehrgeiz ist es, das zu falsifizieren und zu zeigen, dass es nicht so ist." Man brauche eine neue Art von Politik, die sich viel stärker auf Fakten und Analysen berufe, gibt sich Kern ganz als Manager. "Sie können kein Land und auch keine Partei wie ein Unternehmen führen, aber ich glaube, dass wir in einer Situation sind, in der wir neue Wege suchen  müssen."

"Verschwörung? Da würden Sie uns überschätzen"

Die Spekulationen, er und Medienmanager Gerhard Zeiler hätten sich vor einem Jahr verschworen, um Werner Faymann von der Spitze der Partei zu putschen, wies Kern erneut zurück. Er und Zeiler hätten sich darüber unterhalten, dass Veränderungen in diesem Land passieren müssten, "aber Verschwörung, da würden Sie uns überschätzen."

Bei den politischen Themen blieb Kern der bisherigen Koalitionslinie treu. "Ja, wir haben eine Verpflichtung gegenüber den Menschenrechten, aber auf der anderen Seite gibt es in diesem Land ein berechtigtes Sicherheitsbedürfnis." Die Obergrenze sei ein Plan, den die Regierung gefasst habe, und dazu stehe er. Kern wolle den Fokus auf Integration setzen. "Wir können kein Interesse daran haben, junge Menschen in die Illegalität zu treiben und sie der Hoffnungslosigkeit auszusetzen." Eine klare Antwort darauf, ob beim 37.500sten Asylwerber der Asylnotstand ausgerufen werde, blieb Kern schuldig.

FPÖ kein geeigneter Koalitionspartner

Zum Thema FPÖ als möglichen Koaltionspartner äußerte sich Kern auf Nachfrage von Wolf klar: "Angesichts der Äußerungen und der Rhetorik halte ich die FPÖ auf Bundesebene für keinen geeigneten Koalitionspartner." Es sei ein langer Weg, "bis wir uns denkmöglicherweise mal zusammenfinden können." Dennoch, ein designierter SPÖ-Chef sprach überhaupt einmal von einem Weg, den es geben könnte.

Dass er Alexander Van der Bellen wählen werde, hatte Kern bereits am Nachmittag verkündet. Eine offizielle Wahlempfehlung der SPÖ halte er nicht für notwendig. Egal, wer gewinne, Van der Bellen oder Norbert Hofer, "wir alle wären gut beraten, ein Auge auf diese Machtbalance (zwischen Regierung und Präsident, Anm.) zu haben", spielt Kern auf Aussagen Hofers an, die Regierung nach seiner Wahl abzusetzen. Damit rechne er aber nicht. "Wie auch immer der Wahlgewinner aussieht, dann wird man sich hinsetzen und da gibt's den Spruch 'es wird nicht so heiß gegessen wie gekocht'".

Mitterlehner auf "gleicher Wellenlänge"

Kerns Widerpart in der Regierung, ÖVP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, war zuvor in der ORF-Sendung "Report" zu Gast. Er glaube nicht, dass es einfach ist, ohne Regierungserfahrung als Kanzler in die Politik einzusteigen, sagte Mitterlehner. Das habe er auch Kern gesagt. Dessen Management-Erfahrung sei aber sehr positiv. Bei der Problemerkennung habe man "durchaus die gleiche Wellenlänge".

Auf die Frage von Moderatorin Susanne Schnabl, ob er sich durch Kerns Worte bei dessen Pressekonferenz ("Schauspiel der Machtversessenheit") nicht angesprochen fühle, sagte Mitterlehner: "Wir waren Teil des Systems, das System ist verbesserbar." Er wünsche sich eine Bundesregierung die gemeinsam agiert und die gemeinsam Erfolge feiert. "Daher muss das Querschießen ein Ende haben und das werden wir in beiden Bereichen (SPÖ und ÖVP, Anm.) sicherzustellen haben.

In Sachen Asylpolitik betonte er das Beibehalten der gemeinsamen Linie. Dies habe man auch beim heutigen Gespräch beredet. Was die im Asylgesetz jüngst verankerte Möglichkeit zu einer Notfallsverordnung betrifft, müsse man hier noch konkretisieren.

Einen Teamwechsel auch in der ÖVP schloss Mitterlehner erneut aus. "Wir machen das nicht, weil wir zum Schluss gekommen sind, wir haben ein gutes, ein eingearbeitetes Team." Dass er keine vorgezogenen Neuwahlen erwarte, bestätigte er: "Das ist eine total richtige Interpretation."

(klepa)

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