Grüne Hochburg der Hofburgwahl

BP-WAHL: WAHLFINALE VON BP-KANDIDAT VAN DER BELLEN
BP-WAHL: WAHLFINALE VON BP-KANDIDAT VAN DER BELLENAPA/GEORG HOCHMUTH
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Nirgends holte Alexander Van der Bellen im ersten Wahlgang mehr Stimmen als im Tiroler Kaunertal. Auch, weil er den Dialekt seiner ehemaligen Heimat perfekt spricht.

„Da oben, im ersten Stock, haben wir gewohnt. Tür an Tür“, sagt Hans Pockstaller. In einem der vier Zollhäuser mit den scheinbar undurchdringbaren Mauern in Feichten in der Gemeinde Kaunertal hat Alexander Van der Bellen einen Teil seiner Kindheit verbracht. Die Freundschaft der einstigen Spielkameraden hat die Zeit überdauert. Wenn der ehemalige Langzeitchef der Grünen im Kaunertal sei, komme er ihn immer besuchen, erzählt Pockstaller. Er ist mit 72 Jahren gleich alt wie Van der Bellen, gemeinsam haben sie die erste Klasse besucht. „Er war kein Lausbub. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir je gestritten hätten“, erinnert sich Hans Pockstaller im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“.

Es ist ein sonniger Tag, der Schnee blitzt von den Bergspitzen, in den Gärten blühen die Bäume. Postkartenidyll könnte man es nennen. „Bei uns ist er der Saschi“, sagt Reinhold Plankensteiner. Ihm gehört der Supermarkt mitten im Ort. Und ihrem Saschi hat die Gemeinde Kaunertal im ersten Wahlgang genau 60 Prozent eingebracht. In keinem anderen Ort in Österreich konnte er ein besseres Ergebnis erreichen. Norbert Hofer (FPÖ) kam hinter Andreas Khol (ÖVP) mit 12,98 Prozent lediglich auf Platz drei.
Spricht man mit Kaunertalern über Alexander Van der Bellen, gibt es kein schlechtes Wort. Auch nicht hinter vorgehaltener Hand. Es schwingt Stolz in den Anmerkungen mit. Vielleicht ist Anerkennung das bessere Wort. Da ist keine Aufregung. Etwas Besonderes ist Alexander Van der Bellen im Kaunertal nicht. Er ist von hier, er gehört dazu.

"Er ist ja von da." „Ich wähle gleich wie beim ersten Mal“, sagt Adolf Praxmarer, während er das nächste Holzscheit auf den Hackstock legt. „Er ist ja von da.“ Seine Frau Monika steht daneben. „Wir treffen ihn hin und wieder beim Wandern“, sagt sie. Für Van der Bellens Sohn Florian hat sie gearbeitet, als dieser Geschäftsführer des Tourismusverbandes war. Seinem Vater attestiert sie Durchsetzungsvermögen: „Der wird das schon gut machen als Bundespräsident.“

„Die meisten wählen ihn schon, weil sie mit seinen Themen mitkönnen“, sagt Josef Raich, seit 2004 Bürgermeister. „Aber ich denke, die Beziehung zum Kaunertal überwiegt.“ Für die Kaunertaler ist die Bundespräsidentenwahl eine Persönlichkeitswahl. Die Partei spielt eine untergeordnete Rolle. Das zeigt das Beispiel 2010: Da bekam Heinz Fischer im Kaunertal 95 Prozent der Stimmen. Und das, obwohl die Gemeinde klar der schwarzen Reichshälfte zuzuordnen ist. „Ich bin so schwarz, ich werfe im Tunnel noch einen Schatten“, sagt der Bürgermeister. Seine Liste trägt den Namen Heimat Kaunertal. Dass Van der Bellen ebenfalls mit dem Begriff Heimat den Wahlkampf bestreitet, findet er „schon in Ordnung“. Alexander Van der Bellen sei als Flüchtling hierher gekommen und habe das Kaunertal als Heimat angenommen. „Und wenn er herkommt, redet er voll im Dialekt.“

Ferien im Kaunertal. 1945, kurz nach Kriegsende, der Hofburgkandidat war ein Jahr alt, ist die Familie von Wien ins Kaunertal übersiedelt. Sie blieb nur rund sechs Jahre in diesem engen Alpental. Die Wohnung im Zollhaus behielt man aber, verbrachte die Ferien hier. Van der Bellen führte diese Tradition mit seinen Kindern fort. Und die Kaunertaler Alpen sind Motive seiner Plakatkampagne im Rennen um die Hofburg. „Heimat braucht Zusammenhalt“ steht auf dem einen. „Wer unsere Heimat liebt, spaltet sie nicht“ auf dem anderen.

Bei all der Unterstützung, die Van der Bellen im Kaunertal erfährt: Die Aufregung, die im Rest des Landes über den Lagerwahlkampf bzw. die Spaltung der Gesellschaft herrscht, kann man hier nicht so richtig nachvollziehen. Es werde nicht so viel Unterschied machen, wer in der Hofburg sitze. „Der Bundespräsident hat seine Rechte und Pflichten, die hat er zu erfüllen und aus“, sagt Raich.
Sorgen macht der 630-Einwohner-Gemeinde eher jene Wirkung, die ein freiheitlicher Präsident Norbert Hofer im Ausland haben könnte. Der Tourismus, wenn auch auf der sanften Seite, ist die größte Einnahmequelle der Gemeinde, die Gletscherbahnen sind der größte Arbeitgeber. „Für das Image wäre das nicht super, das hat schon Schwarz-Blau gezeigt“, sagt Raich.
Hans Pockstaller, Van der Bellens Freund aus Kindheitstagen, ist ähnlicher Meinung: „Ich bin kein großer Freund dieser anderen Partei.“ Auf die Frage, wie die Stichwahl ausgehen werde, antwortet er: „Es wird sehr knapp, aber ich denke, er schafft es.“

Kaunertal

630 Einwohner hat die Gemeinde.


60,0 Prozent stimmten für Van der Bellen.

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