Präsidentenwahl: Strache heizt Manipulationsgerüchte an

Leader of the Austrian Freedom party Strache delivers a speech during  a May Day event in Linz
Leader of the Austrian Freedom party Strache delivers a speech during a May Day event in Linz(c) REUTERS (DOMINIC EBENBICHLER)
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FPÖ-Anhänger bezweifeln die Rechtmäßigkeit der Wahl. Eine Anfechtung erscheint aber wenig aussichtsreich.

Wien. Viele Poster auf der Facebook-Seite von Heinz-Christian Strache sind sich sicher: Die Bundespräsidentenwahl sei manipuliert worden. Strache selbst, der seine Poster noch vor wenigen Tagen angesichts von Gewaltaufrufen zur Mäßigung gemahnt hatte, sieht sich zumindest in dieser Sache mit seinen Fans einer Meinung: In etlichen Einträgen auf seiner Seite sät er weitere Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl.

So berichtet er am Freitag von einer „wundersamen Vermehrung der Wahlkarten“: Es habe um 28.000 Wahlkarten mehr gegeben, als dies der Leiter der Bundeswahlbehörde, Robert Stein, am Sonntagabend angekündigt hatte. Was Strache nicht erwähnt: Stein hat diese „Vermehrung“ schon am Mittwochabend in der „ZiB 2“ erklärt: Es handle sich dabei um Wahlkarten, die in einem Wahllokal eines fremden Wahlbezirks abgegeben (und an den richtigen Wahlbezirk weitergeleitet) werden. Diese Zahl habe er unterschätzt.

Umstritten ist vor allem die Briefwahl, bei der Alexander Van der Bellen sich deutlich von seinem Gegenkandidaten, Norbert Hofer, abgesetzt hat. So gibt es mehrere Berichte von Wählern, die angeben, sie hätten trotz einer Wahlkarte ganz normal in ihrem Wahlsprengel eine Stimme abgeben können – und somit die Möglichkeit gehabt, zwei Mal zu wählen. Ein Vorgang, der an sich nicht möglich sein sollte, wie Stein anmerkt: In den Wählerverzeichnissen ist vermerkt, wer eine Wahlkarte beantragt hat. Kommt jemand trotzdem in sein Wahllokal, so müsste ein Stimmzettel verweigert werden. Der Leiter der Bundeswahlbehörde kann aber nicht ausschließen, dass es in Einzelfällen zu Fehlern gekommen ist. Allerdings: Wer die Gelegenheit nutzt und doppelt wählt, macht sich strafbar.

Strafrechtliche Konsequenzen wird es auch für die Verantwortlichen der Bezirkswahlbehörde Villach Land geben: Dort wurde bereits zugegeben, dass mit der Auszählung der Briefwahlstimmen bereits am Sonntagabend begonnen wurde, obwohl die Wahlordnung dies erst für Montag vorsieht. Da alle Mitglieder der Wahlkommission – inklusive des FPÖ-Vertreters – eine korrekte Stimmauszählung ab Montag, neun Uhr, per Unterschrift bestätigt haben, wird die Staatsanwaltschaft wegen Urkundenfälschung ermitteln. Ob dies auch in vier anderen Bezirken (Villach Stadt, Hermagor, Wolfsberg und Südoststeiermark) der Fall sein wird, ist noch offen.

Dass die bisher bekannt gewordenen Fakten zu einer Anfechtung der Wahl reichen würden, ist eher unsicher. Eine Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof ist dann erfolgversprechend, wenn Rechtswidrigkeiten festgestellt wurden und diese auch einen Einfluss auf das Wahlergebnis haben können. Die Zahl der Briefwähler in den betroffenen Bezirken liegt aber deutlich unter den 30.000 Stimmen, die Van der Bellens Vorsprung auf Hofer beträgt. Die FPÖ hat noch etwas Zeit, sich eine Anfechtung zu überlegen: Am 1. Juni wird das offizielle Wahlergebnis verkündet, danach gibt es eine einwöchige Frist für die Anfechtung. Am Montag wird Innenminister Wolfgang Sobotka erklären, welche Konsequenzen er aus den Unregelmäßigkeiten bei der Briefwahl zieht.

Weitere Berichte über Unregelmäßigkeiten bei der Wahl liegen dem Innenministerium übrigens nicht vor. „Das würden wir sofort veröffentlichen“, so Stein zur „Presse“.

AUF EINEN BLICK

Hofburgwahl. 31.026 Stimmen beträgt laut vorläufigem Endergebnis der Vorsprung von Alexander Van der Bellen auf Norbert Hofer. Am 1. Juni wird das amtliche Endergebnis veröffentlicht. Hat ein Kandidat Zweifel bezüglich der richtigen Auszählung, kann er das Ergebnis innerhalb einer Woche beim VfGH anfechten, der innerhalb von vier Wochen, also bis 6. Juli, entscheidet. Die Angelobung des neuen Präsidenten ist für 8. Juli vorgesehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2016)

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