Ärztekammer startet Offensive gegen "DDR 2.0"

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Die Ärztekammer will mit der Kampagne "Spione zerstören Vertrauen" gegen das "Mystery Shopping" mobilisieren. In Wien sind bisher elf Täter aufgeflogen.

Die Ärztekammer mobilisiert weiter gegen das "Mystery Shopping" in Arztpraxen, also die seit Jahresbeginn erlaubte Betrugskontrolle durch verdeckte Ermittler der Sozialversicherung. Unter dem Titel "Spione zerstören Vertrauen" startet die Kammer nun eine Infokampagne. Entsprechend dem gewählten Namen warnte Vizepräsident Johannes Steinhart am Montag vor einem "Spitzelsystem" und der "DDR 2.0".

Zusammen mit den jüngst erlassenen Richtlinien der Sozialversicherung handle es sich bei dem Gesetz um einen Angriff auf das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Beide würden unter Generalverdacht gestellt: Die Mediziner unter jenen der falschen Abrechnung, die Patienten unter den Verdacht der erschlichenen Krankmeldungen. Dem Staat bringe all das nicht viel, so Steinhart. Er verwies auf exakt 1695,79 Euro, die der Wiener Gebietskrankenkasse 2014 an Schaden durch E-Card-Betrug entstanden seien.

Folder und Wartezimmer-TV-Spots

Was die Ärzte besonders stört: Die Mystery Shopper agierten unter dem Auftrag, durch bewusst vorgetäuschtes Verhalten beim Arzt einen falschen Eindruck zu erwecken, um zu sehen, wie er reagiert. Selbst der Polizei oder den Verfassungsschützern sei so ein Vorgehen nicht erlaubt. Die Kammer will die Regelung daher vor den Verfassungsgerichtshof bringen und eine Rücknahme erreichen.

In einer Informationsoffensive werden die Ärzte nun aufgefordert, künftig die Identität von ihnen unbekannten Patienten mittels Ausweis festzustellen. In Zweifelsfällen sollen sie die betreffenden Personen - etwa für Krankmeldungen - an die zuständige Krankenkasse verweisen. Die Patienten sollen mittels Folder und Wartezimmer-TV-Spots darüber informiert werden.

In Wien bisher elf Missetäter aufgeflogen

Die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) setzt schon seit 2011 Testpatienten zur bei Kassenärzten ein. 14 Mal wurde seither geprüft, in elf Fällen erhärteten sich die Verdachtsmomente, teilte der Hauptverband der Sozialversicherungsträger am Montag mit. Drei Kassenverträge wurden mittlerweile rechtskräftig gekündigt.

(APA)

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