Innenminister Sobotka: Die Briefwahl soll bleiben

Robert Stein, Leiter der Wahlabteilung, und Innenminister Wolfgang Sobotka (r.) wollen die Vorfälle aufklären.
Robert Stein, Leiter der Wahlabteilung, und Innenminister Wolfgang Sobotka (r.) wollen die Vorfälle aufklären. (c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Innenminister Sobotka kritisiert Vorgänge bei der Präsidentenwahl. Die Briefwahl solle aber bleiben. Eine Wahlwiederholung scheint unrealistisch, weil die Gesetzesbrüche das Ergebnis nicht entscheidend beeinflusst haben dürften.

Wien. Gesetzeswidrig zu handeln und das auch noch zu dokumentieren – das sei schon „eine gehörige Portion Unverfrorenheit“, zürnte Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Montag. In fünf Bezirken (vier in Kärnten sowie der Bezirk Südoststeiermark) sollen die Briefstimmen für die Bundespräsidentenwahl nicht zum richtigen Zeitpunkt geprüft worden sein.

So hatte etwa der Bezirkshauptmann von Villach-Land, Bernd Riepan, offen bekannt, dass es einen einstimmigen Beschluss der Bezirkswahlbehörde gegeben habe, schon am Sonntagabend alles auszuzählen. Im Gesetz steht freilich, dass erst am Tag nach der Wahl, um neun Uhr, mit der Prüfung der Wahlkarten begonnen werden darf.

Ein weiteres Problem wird aus Helfenberg (Oberösterreich) berichtet. Der ÖVP-Bürgermeister hat laut einem Bericht der „Oberösterreichischen Nachrichten“ als Wahlleiter drei Stimmzettel vernichtet. Das Motiv: Es gab am Ende in der Urne drei Stimmzettel mehr als dokumentiert, und man wollte das wieder ins Lot bringen. Die drei vernichteten Stimmen waren aber solche, die schon ungültig abgegeben wurden. Auch SPÖ und FPÖ stimmten der Vernichtung zu.

Überhaupt nahm Sobotka auch die FPÖ in die Pflicht, deren Vertreter zum Teil über Betrug bei der Wahl gemutmaßt haben. Die FPÖ habe nicht überall Wahlbeisitzer gestellt, erklärte Sobotka, und es sei schon auch „etwas seltsam“, dass es gerade im lange Zeit FPÖ-regierten Kärnten zu so vielen Probleme gekommen sei.

FPÖ verzichtete auf Beisitzer

Die FPÖ selbst sei zwar in den jeweiligen Bezirkswahlbehörden vertreten gewesen, sagte Robert Stein, Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium zur „Presse“. Für etlichen Sprengelwahlbehörden in großen Städten hätten die Freiheitlichen jedoch darauf verzichtet, Beisitzer zu stellen, erklärte Stein, der zuvor auch bei der Pressekonferenz von Sobotka zugegen war.

Den Fall der zerrissenen Stimmzettel prüft das Ministerium noch. Im Fall der Bezirke, die zu früh ausgezählt haben, hat das Innenministerium bereits Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingebracht. Andere Fälle wie im Ort Ahorn, wo einer Frau zu Unrecht die Wahl verweigert wurde, werden vom Innenministerium hingegen als unabsichtlicher Fehler verbucht und nicht angezeigt.

Die Wahlbehörde wird das Ergebnis des Urnengangs am Mittwoch beschließen. Danach hätte die FPÖ eine Woche Zeit, eine Wahlanfechtung einzubringen. Über diese müsste der Verfassungsgerichtshof befinden. Damit die Wahl aber wiederholt werden muss, wäre der Beweis nötig, dass der Wahlausgang durch die Unregelmäßigkeiten auch entscheidend verfälscht wurde.

In den fünf strittigen Bezirken geht es laut Innenministerium um insgesamt 19.976 Stimmen. Van der Bellens Vorsprung auf Hofer betrug mehr, nämlich 31.026 Stimmen. Aufgehoben werden kann eine Wahl nur in jenen Sprengeln, in denen die Unregelmäßigkeiten passiert sind.

Sobotka erwägt Änderungen

Innenminister Sobotka geht nicht von einer Wahlwiederholung aus. Die Briefwahl will er aus demokratiepolitischen Gründen beibehalten, möglicherweise aber mit Änderungen. So möchte er mit den Parlamentsparteien „ganz offen“ über die Frage debattieren, ob man nicht schon am Wahltag eine Auszählung der Briefwahlstimmen erlauben soll. Es gehe hier vor allem um die Frage, ob man den Wahlbeisitzern eine noch längere Auszählung am Wahltag zumuten könne.

Jedenfalls wünscht sich der Innenminister ein zentrales Wählerregister und erwägt eine verpflichtende Schulung aller Beisitzer.

Verteidigt wurde vom ÖVP-Minister auch Wahlabteilungsleiter Stein, der in sozialen Netzwerken wegen seines politischen Engagements für die SPÖ auf Lokalebene kritisiert worden war. Stein leite die Abteilung seit mehr als zehn Jahren vorzüglich, betonte Sobotka.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2016)

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