Pressestimmen aus dem Ausland zur Wahlanfechtung der FPÖ

Der Schweizer "Tagesanzeiger" schreibt, dass die FPÖ das Vertrauen in die Justiz zerstören will, der "Mannheimer Morgen", dass sich die FPÖ in der Opferrolle gefällt.

Deutsche und Schweizer Zeitungen haben die Ankündigung der FPÖ zur Anfechtung der Bundespräsidentenwahl kommentiert:

"Tagesanzeiger" (Zürich):

"Der Gesamteindruck der Wahlanfechtung durch die Rechtspopulisten ist katastrophal. (...) Strache hätte, so wie sein Kandidat Norbert Hofer, die Niederlage eingestehen und sich auf die Parlamentswahlen konzentrieren können. Es wäre ein Weg gewesen, die im Wahlkampf aufgerissenen Gräben zu überbrücken. Stattdessen schürt er das Misstrauen und den Hass seiner Anhänger auf das sogenannte Establishment. (...) Nach dem Vertrauen in die Demokratie will die FPÖ nun auch das Vertrauen in die Justiz zerstören."

"Tageszeitung" (Berlin)

"Für die FPÖ lohnt sich die Klage in jedem Fall. Entscheidet das Verfassungsgericht für sie, wird die Wahl wiederholt. Verlieren Hofer und sein Impresario Heinz-Christian Strache, dürfen sie eine neue Verschwörung beklagen. Europas Rechtspopulisten, selbst erfolgreich durch Opferinszenierungen, haben das Glück, dass ihre politische Konkurrenz falsch reagiert: Sie ist ebenfalls beleidigt. In Deutschland ist Sigmar Gabriel beleidigt, weil die Leute die Erfolge der SPD nicht sehen. Horst Seehofer schmollt, weil Merkel nicht rechts genug ist. Die Grünen tun geschockt darüber, dass viele so schlimm wählen. Die Linke ist beleidigt, weil die Rolle der Ausgegrenzten nicht mehr ihr gehört. Viele Medien laufen den Beleidigten noch hinterher: Sei nicht traurig, du darfst auch ins Fernsehen. All das ist kontraproduktiv. Wer eingeschnappt ist, will beachtet und bestürmt werden. Was hilft: ausheulen lassen. Und sich Wichtigerem zuwenden."

"Frankfurter Rundschau"

"Es sei nur 'die Spitze eines Eisbergs', was man bei der Präsidentenwahl in Österreich an Unregelmäßigkeiten habe nachweisen können: Mit seiner Behauptung hat der Anwalt der rechtspopulistischen FPÖ, immerhin ein früherer Justizminister, präzise in die Gefühls- und Gedankenwelt seiner Anhänger gezielt. Es geht nicht um falsch, am falschen Ort oder vor der Zeit ausgezählte Stimmen, die sich ja unter 4,5 Millionen auf 30.000 addieren können. Es geht vielmehr um Eisberge des Unrechts. Auch wenn die Anfechtung der Wahl keine Chance auf Erfolg hat: Ihren Dienst wird sie tun. Die Richter können argumentieren, wie sie wollen. Am Ende werden die Hüter der neuen Gewissheiten auch die Verfassungsrichter zum großen Schweigekartell rechnen. Wenn es dann keine neutrale Instanz mehr gibt, lässt sich alles frei bestreiten: Jedes Wahlergebnis, jede Tatsache. Sogar die Uhrzeit.

"Mannheimer Morgen":

"Dass der Fall nun vor dem Verfassungsgerichtshof landet, ist richtig. Pannen bei der Auszählung müssen geprüft und für künftige Wahlen ausgeschlossen werden. In einem demokratischen Rechtsstaat müssen Bürger die Sicherheit haben, dass bei Wahlen alles mit rechten Dingen zugeht. Sieht der Verfassungsgerichtshof grobe Verstöße, die das Endergebnis verfälscht haben, muss es Neuwahlen geben, um den politischen Frieden im Land wiederherzustellen. Das muss aber das Gericht entscheiden - nicht Verschwörungstheoretiker aus dem rechten Lager. Für die steht jetzt schon fest: alles Betrug, um den starken FPÖ-Kandidaten auszubremsen. (...) Egal, wie das Urteil schließlich ausfällt: Die FPÖ wird sich in der Opferrolle gefallen."

(APA)

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