Ein teurer Pokal für Österreichs Parteien

Hubert Sickinger
Hubert Sickinger(c) Die Presse - Clemens Fabry
  • Drucken

In keinem Land Europas gibt die öffentliche Hand so viel für politische Fraktionen wie in Österreich aus.

Wien. Auch wenn die Zahlen zur Parteienförderung wegen unterschiedlichster Finanzierungsmodelle international schwer zu vergleichen sind, ist sich Experte Hubert Sickinger in einem sicher: „Wir sind auf jeden Fall die Europameister bei der öffentlichen Parteienfinanzierung“, sagt der Politikwissenschaftler und Jurist im Gespräch mit der „Presse“.

Zwar gebe es Länder, in denen Parteien möglicherweise mehr private Zuwendungen (auch durch illegale Geldflüsse) erhalten. Zwar müsse man berücksichtigen, dass der Euro wegen der unterschiedlichen Lebenshaltungskosten nicht überall in Europa gleich viel wert sei. Aber wenn man die Summe betrachtet, die die öffentliche Hand über die Parteien ausschüttet, dann sei Österreich EM-Sieger.

205 Millionen Euro zahlten Bund und Länder im Jahr 2014 an die Parteien, wie Sickinger ausrechnete. Das entspricht 32 Euro pro Wahlberechtigtem. Einberechnet sind Zuwendungen von Bund und Ländern an Parteien, Parlamentsklubs und Parteiakademien. Nicht berücksichtigt sind Summen, die die Kammerfraktionen erhalten, sowie Förderungen der Gemeinden. Eine Ausnahme ist Wien, das gleichzeitig Bundesland ist und dessen Förderung einberechnet wurde. Wien ist sogar das großzügigste Bundesland: Es schüttet 28,30 Euro pro Wahlberechtigtem an die Parteien und Klubs aus. Überhaupt fließen zwei Drittel der Parteienförderung in Österreich in die Landesparteien.

Auch eine ältere Studie des deutschen Politologen Karl-Heinz Naßmacher nährt den Verdacht, dass Österreich Europameister bei der Parteienförderung ist. Er errechnete 2004 die Kosten von Demokratien, indem er die Parteiausgaben pro Kopf in Relation zur Wirtschaftsleistung stellte. Auf Platz eins in dieser weltweiten Studie landete Japan. Auf Platz zwei folgt aber schon Österreich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.