"SPÖ und ÖVP müssen heilige Kühe opfern"

(c) APA (ROBERT JAEGER)
  • Drucken

Der Präsident der niederösterreichischen Industriellenvereinigung, Thomas Salzer, fordert flexible Arbeitszeiten und Maßnahmen zur Standortsicherung. SPÖ und ÖVP hätten eine letzte Frist bis Sommerende.

St. Pölten. „Wir können uns nicht einigeln. Es ist Zeit, etwas zu tun.“ Es ist ein geradezu flehentlicher Appell, den der Präsident der niederösterreichischen Industriellenvereinigung (IV), Thomas Salzer, im Gespräch mit der „Presse“ an die rot-schwarze Bundesregierung richtet, im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit und bei der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit endlich aktiv zu werden. Denn: „Österreich hat in den vergangenen Jahren leider massiv an Boden verloren.“

Dabei ließ gerade Salzer zuletzt mit ungewohntem Lob für – schwarze – Arbeitnehmervertreter aufhorchen. Es ging dabei um einen Vorschlag des niederösterreichischen ÖAAB für flexiblere Arbeitszeiten, den die Industriellenvereinigung ausdrücklich begrüßt hat. Demnach soll das Arbeitszeitgesetz gelockert werden, um individuellere Regelungen auf Betriebsebene im Einvernehmen mit Betriebsrat und Mitarbeitern zuzulassen. Das liegt genau auf jenem Kurs, den Oberösterreichs Landeshauptmann, Josef Pühringer, vor wenigen Tagen bei einem Wien-Besuch eingeschlagen hat. Der Bundes-ÖAAB mit Obmann August Wöginger ist zu einer Anhebung auf eine tägliche Höchstarbeitszeit von zwölf Stunden bereit – unter der Bedingung, dass auch die Beschäftigten in Form einer Dreieinhalbtagewoche etwas davon hätten.

Für Salzer hinkt der SPÖ-dominierte Gewerkschaftsbund notwendigen Lösungen zur Sicherung des Standortes und der Jobs hinterher. In einer Umfrage in Niederösterreich hätten sich im September zwei von drei Beschäftigten auch für eine Lockerung der starren Arbeitszeitregelung ausgesprochen: „Die Mitarbeiter verstehen das durchaus.“

Frankreich als Abschreckung

Auf Bundesebene hat hingegen der nicht einmal seit einem Monat im Amt befindliche Kanzler, Christian Kern, mit seiner am Samstag im ORF-Radio nochmals bekräftigten Forderung nach einer Maschinensteuer und einer Arbeitszeitverkürzung anfängliche Erwartungen gedämpft. Die Hoffnung, die er mit seiner Ankündigung eines New Deal geweckt habe, habe sich damit wieder relativiert. „Das Modell Arbeitszeitverkürzung hat schon in Frankreich nicht funktioniert“, möchte der niederösterreichische IV-Präsident dem Regierungschef ins Stammbuch geschrieben wissen. Dabei fehle schon jetzt das Vertrauen der Investoren.

Der Bundesregierung räumt Salzer nur mehr ein kurze Frist von einigen Wochen ein, das Ruder herumzureißen: „Es muss bis zum Ende des Sommers ein klares Konzept her“, was die Koalition in der Arbeitswelt zu tun gedenke. Das beginne bei einem ersten Schritt, bei dem dies klar ersichtlich sein solle. SPÖ und ÖVP müssten zeigen: „Wir wollen etwas machen und sind bereit, auf beiden Seiten heilige Kühe zu opfern.“ Das sei wichtig, um verloren gegangenes Vertrauen wiederzugewinnen. Und weiter: „Wir können nicht sagen, wir geben jetzt schon w. o.“

Die Überlegungen für eine Maschinensteuer hält Salzer für verfehlt. Denn: „In Österreich sind wir noch gar nicht so weit, dass wir die digitale Dividende nützen.“ Es würden die Vorteile dieser Veränderung nicht zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen genützt. [ Bruckner ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.