Justizminister Brandstetter liest FPÖ-Politikern die Leviten

HYPO-U-AUSSCHUSS: BRANDSTETTER
HYPO-U-AUSSCHUSS: BRANDSTETTER(c) APA (HELMUT FOHRINGER)
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Nach Friedrich Zawrel, der den NS-Terror am "Spiegelgrund" überlebte, soll eine Schule benannt werden. Zwei FPÖ-Politiker hetzten gegen das NS-Opfer.

Einen Ordnungsruf hat Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) der FPÖ Wien-Landstraße erteilt. Anlass waren deren Äußerungen zur morgigen Umbenennung der Neuen Mittelschule Hörnesgasse in Gedenken an Friedrich Zawrel, den wohl bekanntesten Überlebenden der NS-Ärzte am Spiegelgrund. Die Bezirks-FPÖ findet das "skandalös". Brandstetter hielt dagegen: "Man soll und wird sich an ihn erinnern."

Der Klubobmann der FPÖ-Landstraße, Werner Grebner, sowie der freiheitliche Gemeinderat Dietrich Kops hatten in einer Aussendung das "Vorleben" des im heurigen Winter verstorbenen Zawrel ausgeweidet und wörtlich geschrieben: "Als Namensgeber für eine öffentliche Pflichtschule ist man mit einer solchen Biographie aus Einbruch, Diebstahl und Hehlerei jedenfalls völlig ungeeignet." Vielmehr sei er wohl "bestenfalls als Namenspatron für eine Bewährungshilfeeinrichtung geeignet", ätzten die beiden.

In den sozialen Medien ernteten sie dafür einen Sturm der Entrüstung.

Entrüstet war auch Brandstetter. Er schickte am Mittwochnachmittag eine "persönliche Stellungnahme" aus, in der er betonte. "Friedrich Zawrel hat uns ein Vermächtnis hinterlassen, das uns und künftige Generationen in die Pflicht nimmt." Zawrel habe "viel zu lange Unrecht ertragen" müssen. "Gerade jungen Menschen immer wieder die Ungerechtigkeiten und Gräuel der NS-Zeit näher zu bringen, ist enorm wichtig."

Ohne Zawrel wäre Gross wohl nicht angeklagt worden

Zawrel habe maßgeblich daran mitgewirkt, dass der NS-Arzt Heinrich Gross überhaupt angeklagt wurde "und die Justiz sich der bin dahin unzureichenden Aufarbeitung der Gräueltaten des Nationalsozialismus stellte", hielt Brandstetter fest. Somit stehe sein Schicksal nicht nur "symptomatisch für das NS-Unrechtsregime", sondern auch "für die Probleme der Vergangenheitsbewältigung im Justizbereich". Ganz sicherlich aber sei es nicht geeignet "als Zankapfel politischer Auseinandersetzung".

Im Übrigen "ist der Vorwurf bereits längst getilgter strafbarer Handlungen nach unserer Rechtsordnung absolut unzulässig", las der Minister den Landstraßer Blauen noch die Rechts-Leviten.

7500 Patienten ermordet, davon 800 Kinder

Am Spiegelgrund fielen zwischen 1940 und 1945 rund 800 Kinder den Verbrechen der Nazis zum Opfer. Insgesamt wurden in der Anstalt Steinhof, dem heutigen Otto-Wagner-Spital, rund 7500 Patienten von den Nazis ermordet.

(APA)

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