Caritas kritisiert Kürzung der Mindestsicherung für Asylberechtigte

Caritas kritisiert Kürzung der Mindestsicherung für Asylberechtigte
Caritas kritisiert Kürzung der Mindestsicherung für AsylberechtigteDie Presse
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Caritas-Präsident Landau präsentierte gemeinsam mit dem Schriftsteller Köhlmeier Forderungen zum Weltflüchtlingstag.

Die Caritas kritisiert die teils beschlossene, teils geplante Kürzung der Mindestsicherung für Asylberechtigte in den Ländern. "Das ist die kurzsichtigste Sozialpolitik, die mir in den vergangenen Jahren untergekommen ist", sagte Präsident Michael Landau am Freitag bei einer Pressekonferenz. Anlässlich des Weltflüchtlingstags am kommenden Montag erhob er gemeinsam mit dem Schriftsteller Michael Köhlmeier Forderungen.

"Maßnahmen wie diese sind aus jenem Stoff gemacht, der die Spaltung in unserer Gesellschaft weiter vertieft", kommentierte Landau die Kürzung der Mindestsicherung, die am Donnerstag bereits vom oberösterreichischen Landtag beschlossen worden war. Armut und ein "sozialer Kahlschlag" würden bewusst in Kauf genommen, "das ist inakzeptabel". Der Caritas-Präsident forderte die sofortige Rücknahme der Maßnahmen. Aufgrund der Mindestsicherung hätten Asylberechtigte bereits selbstständig wohnen und nach Arbeit suchen können.

Landau für stufenweise Öffnung des Arbeitsmarktes

Auch Verbesserungsvorschläge kommen im Vorfeld des Weltflüchtlingstages am 20. Juni. Landau wünscht sich etwa weiterhin eine stufenweise Öffnung des Arbeitsmarktes. In einem ersten "Zwischenschritt" könne man die Zuverdienstmöglichkeiten bei gemeinnützigen Tätigkeiten bis zur Geringfügigkeitsgrenze anheben. Derzeit gelte ein "De-facto-Arbeitsverbot" für Asylwerber. Landau ist laut eigener Aussage auch klar, dass das Thema angesichts von Rekordarbeitslosigkeit ein sensibles ist. Aber: "Ich bin überzeugt, wir hätten nichts zu verlieren."

Eine weitere Forderung der Caritas ist ein breiter Bildungszugang für Asylwerber. Ausbildungspflicht und -garantie sollten laut Landau für alle jungen Menschen im Land gelten. "Ich hatte das Glück, bereits nach zwei Monaten einen Deutschkurs zu bekommen", erzählte Rojin Ali, die vor zwei Jahren durch die Möglichkeit des Familienzuzugs aus Syrien nach Österreich gekommen ist. Für viele Flüchtlinge bedeute dies aber eine große Herausforderung, es fehle an Information, Begleitung und Orientierung. "Wenn man sich willkommen fühlt, wird man nach und nach motiviert, etwas Sinnvolles zu tun", so Ali.

Auch im Bereich der Lehre fordert die Caritas einen erleichterten Zugang. "Wir würden uns wünschen, dass junge Asylwerber in allen Lehrberufen eine Ausbildung starten können", sagte Landau. Derzeit sei dies nur in Berufen mit Lehrlingsmangel und nach der Arbeitsmarktprüfung der Fall. Das vor zwei Tagen beschlossene Anerkennungs- und Bewertungsgesetz begrüßt die Caritas. Die geplanten Reformen seien jedoch nicht weitreichend genug, fürchtet Landau. Viele Menschen mit ausländischem Bildungsabschluss würden sich das Prozedere nicht leisten können, weil sie Gefahr liefen, die Mindestsicherung für die Dauer des Anerkennungsverfahrens zu verlieren.

Schriftsteller Köhlmeier unterstützt die Standpunkte der Caritas und meinte, die sogenannte Flüchtlingskrise sei vielmehr "eine Krise unseres Charakters". Ein wesentlicher teil davon sei Verlust der Fähigkeit, Mitleid zu empfinden. Ein erster Schritt dazu sei eine Entmenschlichung der Sprache - etwa wenn von "Flüchtlingswellen" die Rede sei. Köhlmeier: "Allen Taten geht die Sprache voran - allen guten Taten, aber auch allen bösen Taten."

Rotes Kreuz: "Sicherheit und Würde" für verfolgte

Der Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes forderte anlässlich des Weltflüchtlingstags politische Lösungen, damit Menschen, die Schutz vor Verfolgung suchen, "in Sicherheit und Würde leben können". "Asyl ist ein Menschenrecht", betonte Gerald Schöpfer in einer Aussendung vom Freitag.

Keine Lösungen seien Grenzschließungen, Internierungslager, Asylzentren in Afrika oder das Herbeireden von Notstandsszenarien, kritisierte Schöpfer dahin gehende Vorschläge und Maßnahmen. Die Tausenden im Mittelmeer Ertrunkenen seien "Auswirkungen einer Politik, deren Ziel es ist, den Zugang zu Asyl möglichst zu beschränken", beklagte der Rotkreuz-Präsident. Er forderte eine rasche Erhöhung von Plätzen für "Resettlement" (Neuansiedlung von Flüchtlingen aus Drittstaaten außerhalb der EU, also direkt aus der Herkunftsregion, Anm.) in der EU und damit auch in Österreich.

(APA)

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