Strache: „Dann ist auch ein Auxit möglich“

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FP�-PRESSEKONFERENZ: STRACHE(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Der FPÖ-Chef fordert EU-Reformen ein. Sollten diese scheitern, plädiert er für einen Austritt Österreichs aus der EU.

Die Presse: Kommt nach dem Brexit der Öxit?

Heinz-Christian Strache: Grundsätzlich respektieren wir diese direktdemokratische Entscheidung und gratulieren auch den Briten zu ihrer wiedererlangten Souveränität und Freiheit. Das Ergebnis dieses Volksentscheids ist eine Weichenstellung für die Demokratie und gegen einen völlig fehlgeleiteten EU-Zentralismus. Jetzt ist es notwendig, dass die europäische Union und die politischen Verantwortungsträger diesen demokratischen Weckruf erkennen.

Die Frage lautete eigentlich: Soll auch Österreich den Weg der Briten gehen?

Wir müssen jetzt einen Reformweg einfordern von der Europäischen Union. Das ist entscheidend. Die EU braucht sofort einen umfassenden Demokratisierungsprozess. Juncker und Schulz müssten sofort zurücktreten und den Weg dafür freimachen. Es braucht eine Rückgabe der Kompetenzen von Brüssel hin zu den nationalen Parlamenten. Und es braucht auch die Aufhebung von Schengen, so lange es dieses Chaos an den Grenzen gibt. Wir wollen selbst entscheiden, wer sich bei uns niederlassen darf.

Das klingt jetzt nicht danach, dass die FPÖ demnächst eine Austrittskampagne startet.

Nein, wir brauchen ein Europa der Menschen, nicht der EU-Bürokraten. Die EU hat jetzt diesen Weckruf zu verstehen. Sie hat eine bürgerferne Politik der EU-Bürokraten gemacht. Die Eliten machen heute eine Politik gegen die Bürger und Völker Europas. Sollte die EU aber an ihrer Reformunwilligkeit weiter festhalten und den Irrweg eines politischen Zentralismus weitergehen und Länder wie die Türkei hereinholen wollen, dann wollen wir Freiheitlichen auch in Österreich eine Abstimmung über den weiteren Verbleib in der EU.

In welchem Zeitraum müssten die Reformen stattfinden?

Grundsätzlich braucht es keinerlei Hektik, keinerlei Aufregung. Es geht auch jetzt nach diesem Volksentscheid die Welt nicht unter. In Bezug auf Reformen muss jetzt einmal der Diskussionsprozess beginnen. Am Ende der Verhandlungen müssen neue Verträge stehen, und zwar hin zu einer Wirtschaftsunion. Darüber müsste es am Ende natürlich auch eine Volksabstimmung geben.

Sprechen wir jetzt über einen Zeithorizont von Monaten, Jahren oder Jahrzehnten?

Das ist ein Prozess, den man jetzt sicherlich zeitlich nicht auf ein paar Monate begrenzen kann. Ich habe immer gesagt, es ist die Ultima Ratio, wenn die Europäische Union nicht bereit ist, ihre Fehler abzustellen, dann wird man nicht mehr zusehen können. Dann ist natürlich auch ein Exit oder Auxit mit einer Volksabstimmung in Österreich möglich.

Habe ich Sie richtig verstanden, die EU soll keine politische Union mehr sein, sondern nur noch eine Wirtschaftsunion?

Ja, da haben Sie mich richtig verstanden. Das ursprüngliche Friedensprojekt Europas war richtig, nämlich eine Union, die die wirtschaftliche Zusammenarbeit fördert und so den Frieden Europas sicherstellt. Durch dieses politische zentralistische Projekt hat man das gefährdet.

Der freie Arbeitsmarkt soll beibehalten werden?

Ja selbstverständlich, mit entsprechenden Verträgen. Wir sind aber auch in einigen Bereichen kritisch und sagen, es kann nicht sein, dass aus Osteuropa GmbHs bei uns tätig sein können mit anderen Gehaltsmöglichkeiten und anderen steuerlichen Bedingungen. In dem Bereich muss es schon auch mehr Fairness und Gerechtigkeit geben als heute.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2016)

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