Fußfessel für psychisch kranke Täter

(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Minister Brandstetter präsentiert Reform des Maßnahmenvollzugs. Haftanstalten sollen ausgebaut werden, um psychiatrische Betreuung zu gewährleisten.

Wien. Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) will die elektronische Fußfessel auch im Maßnahmenvollzug einsetzen – nicht anstelle von Haft, sondern um den Häftling etwa bei einem Ausgang besser überwachen zu können. Denn bei der Unterbringung psychisch gestörter Straftäter müsse Sicherheit oberstes Gebot sein, denn sie seien immer ein Gefahrenpotenzial.

Deshalb hat Brandstetter den auf Basis einer Expertengruppe erarbeiteten Entwurf noch einmal überarbeiten lassen. „Diese Reform wird meine Handschrift tragen“, merkte er an. Anlass waren nicht zuletzt die „Tragödie vom Brunnenmarkt“ und der Selbstmord eines psychisch kranken Häftlings auf Ausgang. Die Neufassung wird demnächst fertig sein.

Mit Blick auf diese Vorfälle versicherte Brandstetter auch, dass die Anwendung des Maßnahmenvollzugs nicht beschränkt wird – etwa nur auf Verbrechen. „Einiges spricht dafür. Aber ich halte das für zu gefährlich“, schließt er eine Einengung der Tätergruppe aus, die wegen psychischer Störungen in besondere Haft kommt.

Justiz muss selbst aktiv werden

In der Vorbereitung der Reform ist bei Brandstetter die Überzeugung gewachsen, dass die Justiz die Sache selbst in die Hand nehmen muss: „Wir müssen selbst für Sicherheit sorgen, mit unseren Einrichtungen, wir können uns nicht auf das Gesundheitssystem oder die Länder verlassen“ – verwies er darauf, dass die Stadt Wien die einzige psychiatrische Abteilung für Häftlinge auflassen will.

Dafür braucht der Justizminister allerdings Budgetmittel. Denn für eine sichere Unterbringung der derzeit rund 800 geistig abnormen oder entwöhnungsbedürftigen Straftäter sind 600 bis 650 Plätze im Maßnahmenvollzug und rund 100 bis 150 für schwere Akutfälle in Kliniken nötig. Dafür müssen die Haftanstalten ausgebaut werden.

Brandstetter hätte letztlich gern fünf Therapeutische Zentren. Die bestehenden Sonderanstalten Göllersdorf und Wien-Mittersteig sollen nach dem Vorbild des „Vorzeigemodells“ Asten ausgebaut werden, Asten mit seinem erweiterten sozialtherapeutischen Konzept wird zum eigenständigen (nicht mehr als Außenstelle Linz geführten) Therapeutischen Zentrum. Auf justizeigenen Liegenschaften sollen zwei weitere Zentren errichtet werden.

Insgesamt hat Brandstetter für den Strafvollzug gerade eine Standortoptimierung laufen. Das Ministerium habe schon ein Konzept, das wird nun – auch mit Blick auf ökonomische Auswirkungen – professionell von einem Uni-Institut überprüft. Ende des Jahres soll dann feststehen, welche neuen Justizanstalten es geben wird. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2016)

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