Wahlwiederholung: Kandidaten austauschen verboten

Am Mittwoch wird vor dem Verfassungsgerichtshof weiter verhandelt.
Am Mittwoch wird vor dem Verfassungsgerichtshof weiter verhandelt. (c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Vor Gericht haben nun die Vertreter der Parteien das Wort. Im Falle einer Wahlwiederholung blieben die Kandidaten dieselben, sogar, wenn sie nicht mehr antreten wollen.

Wien. Es wird ernst am Verfassungsgerichtshof: Diese Woche werden die Richter weiterverhandeln, nächste Woche soll es die Entscheidung geben, ob die Bundespräsidentenwahl wegen Unregelmäßigkeiten bei den Wahlkarten wiederholt wird. Doch da könnte noch etwas dazwischen kommen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Stand der Dinge.

1 Worüber werden die Verfassungsrichter diese Woche verhandeln?

Morgen, Mittwoch, ab 13 Uhr, wird die öffentliche Verhandlung am Verfassungsgerichtshof (VfGH) fortgesetzt. Die juristischen Vertreter der FPÖ und der Grünen sollen dabei ihre Position erläutern. Die Zeugen zur Frage, ob bei den Wahlkarten alles mit rechten Dingen zugegangen ist, wurden schon in der Vorwoche angehört. Es könnte aber sein, dass bei der Verhandlung am Mittwoch neue Fragen auftauchen, die die Ladung weiterer Zeugen nötig machen.

2 Wann wird es ein Urteil der Höchstrichter geben?

Grundsätzlich muss der VfGH spätestens vier Wochen, nachdem die Anfechtung eingebracht wurde, sein Erkenntnis verkünden. Das wäre am 6. Juli, zwei Tage, bevor der neue Bundespräsident angelobt werden sollte. Doch die Verfassungsrichter können die Vier-Wochen-Frist verlängern, wenn es zur Überprüfung der Vorwürfe nötig ist. Ein Novum wäre das nicht, von diesem Recht machten die Verfassungsrichter schon bei der Anfechtung der EU-Wahl 2014 Gebrauch. Jedenfalls länger als vier Wochen würde die Causa dauern, wenn der VfGH ein Verfahren einleitet, um Gesetzesstellen auf ihre Verfassungskonformität zu prüfen. Die Briefwahl an sich können die Höchstrichter aber nicht kippen, denn sie steht selbst im Verfassungsrang. Nur Gesetze, die den Umgang mit Wahlkarten im Detail regeln, könnten in Zweifel gezogen werden.

3 Was passiert, wenn ein Kandidat nicht mehr antreten will?

Die FPÖ könnte ihre Wahlanfechtung noch vor der Entscheidung des VfGH zurückziehen. Das wird sie aber nur dann tun, wenn sie sich damit zufriedengibt, dass die Probleme mit Wahlkarten öffentlich aufgezeigt wurden. Realistischerweise wird die FPÖ aber die Chance auf eine Wahlwiederholung nützen wollen und das Urteil abwarten. Lag ihr Kandidat Norbert Hofer doch nur 30.863 Stimmen hinter Alexander Van der Bellen.

Diese beiden Namen stünden auch auf dem Stimmzettel, falls der VfGH eine Wahlwiederholung will. Der Austausch eines Kandidaten ist nicht gestattet. Selbst wenn Hofer und Van der Bellen nicht mehr antreten wollten, müsste man ihre Namen auf den Stimmzettel schreiben, sagt Robert Stein, Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium. Freilich könnte ein gewählter Kandidat nicht gezwungen werden, das Amt auch anzutreten. Dann müsste die Wahl ganz neu ausgeschrieben werden.

Bei einer vom VfGH angeordneten neuen Stichwahl zwischen Hofer und Van der Bellen bliebe aber auch das Wählerverzeichnis auf dem Stand des aufgehobenen Urnengangs. Wer in der Zwischenzeit eingebürgert oder 16 Jahre alt wurde, darf nicht wählen. Der Termin für eine etwaige Wahlwiederholung kann erst nach dem VfGH-Erkenntnis festgelegt werden, er dürfte im Herbst liegen.

4 Wie werden die Parteienvertreter vor Gericht argumentieren?

Nach bisheriger Judikatur des VfGH reicht es für eine Wahlaufhebung, dass illegale Vorgänge das Wahlergebnis beeinflussen hätten können. Man muss also nicht eine konkrete Manipulation beweisen. Sondern nur Rechtswidrigkeiten, die Manipulationen möglich machten. Etwa, dass Wahlkarten von unbefugten Leuten geöffnet wurden. Und dass die in Zweifel gezogene Stimmenzahl zu einem anderen Wahlsieger hätte führen können.

Die grüne Seite wendet aber ein, dass der VfGH noch nie ein so großes Verfahren wie jetzt gehabt habe. Und dass die Sache diesmal anders gelagert sei als in bisherigen Fällen, weil es diesmal den Beweis gebe, dass nicht manipuliert wurde. Die FPÖ-Vertreter sehen das anders. Sie erwarten sich eine Wahlwiederholung, weil wichtige Gesetze verletzt worden seien. Und so nicht mehr einwandfrei gesichert sei, dass die Stimmen korrekt gezählt wurden.

5Darf Heinz Fischer im Amt bleiben, wenn die Wahl wiederholt wird?

Bundespräsident Fischer muss per 8. Juli aus dem Amt scheiden. Wenn es dann keinen Nachfolger gibt, übernehmen die Nationalratspräsidenten vorläufig die Hofburgagenden. Auch die Amtsperiode eines neuen Präsidenten wird durch einen verzögerten Amtsantritt nicht kürzer. Sie beginnt nur später.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2016)

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