Othmar Karas: "Leitl als Kommissar"

(c) APA (Hans Klaus Techt)
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EU-Parlamentarier Othmar Karas über Heinz Fischer, Eitelkeiten in der Politik und seinen Ruf als Störenfried in der ÖVP.

Ihr Delegationsleiter in Brüssel, Ernst Strasser, hat Ihren Vorschlag, Kandidaten für das Amt eines EU-Kommissars einem Hearing im österreichischen Parlament zu unterziehen, sinngemäß als Unsinn abgetan. Ist das die Revanche dafür, dass Sie ihn in Sachen Vorzugsstimmen deklassiert haben?

Othmar Karas: Jede Reaktion belebt die Debatte, aber über seine Wortwahl war ich schon etwas überrascht.

Ist Strasser ein guter Delegationsleiter?

Wir haben ja gerade erst begonnen, daher will ich auf diese Frage gar nicht eingehen. Wir sind das stärkste Team im Europäischen Parlament, und ich werde weiter meinen Beitrag leisten.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Strasser?

Professionell.

Bereuen Sie es schon, dass Sie vor ein paar Monaten auf die Delegationsleitung verzichtet haben? Oder den Deal mit Parteichef Josef Pröll? (Karas wurde unter anderem in den ÖVP-Vorstand kooptiert, Anm.)

Es hat kein Geschäft gegeben, es wurde eine Vorentscheidung vom Bundesparteiobmann getroffen – und ich habe meine Konsequenzen daraus gezogen.

Warum, glauben Sie, lehnt die Volkspartei Ihren Vorschlag so vehement ab?

Das ist keine parteipolitische Frage, es gibt eben unterschiedliche Zugänge. Viele gute Ideen sind nicht von heute auf morgen umgesetzt worden. Und deshalb werde ich nicht müde werden, weiterhin Vorschläge zu machen.

Sie gelten mittlerweile als Störenfried in Ihrer eigenen Partei.

Ich gehe konsequent meinen Weg und bin nicht zuletzt meinen 113.000 Vorzugsstimmenwählern verpflichtet. Es würde mir leid tun, wenn es Menschen gäbe, die Ideen als störend empfinden.

Der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler sagte diese Woche in einem „News“-Interview, es sei falsch zu sagen, „die Kommission soll uns zuerst das Dossier nennen, und dann erst nennen wir die Person“. Es brauche einen beidseitigen Kommunikationsprozess. Sehen Sie das auch so?

Das Wichtigste ist, dass der Kommissionspräsident sein Anforderungsprofil auf den Tisch legt – und dann die Mitgliedstaaten mit ihm in Verhandlungen treten. Nur: Die Debatte, wie wir sie führen, ist so, als würde man ein Pferd vom Schwanz her aufzäumen.

Welcher Kommissarsposten ist realistisch für Österreich?

Jeder ist möglich, und ich würde mich nicht von Haus aus einschränken. Die Frage ist: Was wollen wir?

Und was wollen wir?

Wir hatten zwei große Ressorts (Agrarpolitik, Außenbeziehungen, Anm.), und ich hoffe, dass wir weiterhin in der Champions League spielen werden.

Die Regierung hat sich offenbar darauf geeinigt, dass die ÖVP auch den nächsten EU-Kommissar stellt. Wen favorisieren Sie?

Die Volkspartei hat viele qualifizierte Persönlichkeiten anzubieten. Zum Beispiel Willi Molterer. Oder Ursula Plassnik, Benita Ferrero-Waldner, Wolfgang Schüssel und auch Christoph Leitl.

Christoph Leitl?

Ja, er könnte als Kommissar für kleine und mittlere Unternehmen infrage kommen. Man sollte nicht nur an ehemalige Regierungsmitglieder denken.


Hat es Molterer geschadet, dass er als Favorit für den Kommissar gehandelt wird?

Ich glaube, dass die Art und Weise der Diskussion niemandem nützt.

Man sagt auch, das Plassnik und Schüssel von der neuen ÖVP-Führung nur schwer zu akzeptieren wären, weil sie als Niederlage für Josef Pröll interpretiert werden würden.

Eitelkeiten dürfen in der Politik keine Rolle spielen. Stattdessen sollten Kompetenz und Zukunftsfähigkeit in den Vordergrund gestellt werden.

Apropos Zukunft. Für Ihr „Bürgerforum Europa 2020“ haben Sie weder einen Standort noch Geld. Wie soll das funktionieren?

Der Standort wird Wien sein und hoffentlich viele Außenstellen in Österreich und langfristig in ganz Europa haben. An der Finanzierung arbeite ich gerade. Im September oder Oktober sollten alle diese Fragen geklärt sein. Es ist ein Projekt, das sich sehr positiv entwickelt.

In welche Richtung?

In Richtung Privatfinanzierung, denn die Unterstützer werden täglich mehr.

Werden sich auch Politiker anderer Parteien in dieses Projekt einbringen?

Ja, selbstverständlich.

Wer denn?

Das sage ich noch nicht.

Johannes Voggenhuber (Grüne) oder Herbert Bösch (SPÖ) vielleicht? Die beiden haben Sie ja selbst ins Spiel gebracht.

Ich bin mit beiden in engem Kontakt.

Sind Sie, als Schwiegersohn Kurt Waldheims, mit der Arbeit des aktuellen Bundespräsidenten zufrieden?

Ich finde, dass der Bundespräsident seine Arbeit gut macht und rechne mit seiner Wiederkandidatur.

Soll die ÖVP einen eigenen Kandidaten nominieren?

Das wird die Partei zum gegebenen Zeitpunkt entscheiden.

Aber Sie werden ja eine Meinung haben.

Ich meine, dass es eine Wahl zwischen mehreren Bewerbern sein sollte.

Hielten Sie Erwin Pröll grundsätzlich für einen guten Bundespräsidenten?

Ich halte viele Menschen für geeignet. Und Erwin Pröll ist ein hervorragender Politiker. Aber ich spiele dieses öffentliche Namedropping nicht mit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2009)

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