Lopatka: Für Flüchtlinge nur das Notwendigste

Lopatka: Für Flüchtlinge nur das Notwendigste
Lopatka: Für Flüchtlinge nur das NotwendigsteAPA/HELMUT FOHRINGER
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Interview. ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka will die Mindestsicherung für anerkannte Asylwerber deutlich reduzieren. Einen Kanzlerkandidaten Sebastian Kurz schließt er nicht aus.

Die Presse: Kann die Politik etwas gegen den Terror machen?

Reinhold Lopatka: Wir haben schon im vergangenen Jahr eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, wie die Änderungen im Staatsschutzgesetz oder das Maßnahmenpaket gegen Terrorismus. Wir sehen auch, dass die Justiz mit entsprechend strengen Strafen vorgeht. Was die Politik machen kann, ist richtigerweise schon eingeleitet worden.

Terrorgefahr gibt es aber trotzdem auch bei uns.

Die Experten sagen uns, die Gefahr ist nicht in dem Ausmaß gegeben wie zum Beispiel in Frankreich. Wir müssen aber alles tun, damit jede Aktivität, die in diese Richtung geht, im Keim erstickt wird. Und wir müssen auch ganz klar sagen: Null Toleranz gegen Intolerante.

Alle Mittel sind sicher noch nicht ausgeschöpft.

Meines Erachtens ist viel passiert, damit keine Parallelgesellschaften entstehen können. Notwendig wären auch Änderungen bei der Mindestsicherung. Man muss zwischen jenen differenzieren, die schon länger da sind, und jenen, die neu ankommen. Das haben auch alle anderen Länder gemacht, die einen starken Zuzug hatten.

Aber schafft man nicht genau jene Integrationsprobleme, die man bekämpfen will, wenn man Menschen in die Armut schickt?

Nein, man erhöht den Druck, dass Asylberechtigte in den Arbeitsmarkt drängen, und gibt ihnen nicht die Möglichkeit, über Jahre im sozialen Sicherungsnetz zu bleiben. Viele Tschetschenen sind 2003 und 2004 zu uns gekommen. Eine Mehrzahl davon findet heute nicht durch eigene Erwerbsarbeit das Auslangen. Ich halte es für falsch, wenn jemand als 20- oder 30-Jähriger kommt und in den sozialen Sicherheitsnetzen hängen bleibt und nicht den Einstieg ins Berufsleben machen muss. Wenn jemand zu uns kommt, muss das Notwendigste zur Verfügung gestellt werden – aber darüber hinaus nicht mehr.

Apropos Anschläge: Wann waren Sie zuletzt in einer Telefonzelle?

Schon Jahre nicht mehr. Gibt es überhaupt noch Telefonzellen?

Sie kennen den Hintergrund der Frage: Für Bundeskanzler Kern sind Sie ein Selbstmordattentäter, der sich allein in der Telefonzelle in die Luft sprengt.

Sie sehen, ich bin lebensfroh und plane keine Anschläge – auch nicht politischer Natur. Nizza zeigt jedoch, wie unpassend diese Aussage ist.

Aber Sie stehen für einen Konfrontationskurs in der Koalition.

Nein, ich trete für das, was ich für richtig halte, mit aller Vehemenz ein: die Obergrenze, eine Deckelung bei der Mindestsicherung, eine Entlastung der Wirtschaft statt steuerlicher Belastungen.

Es wirkt so, als gebe es zwei Richtungen in der ÖVP, die einen wollen mit Erfolgen der Regierung punkten, die anderen mit Abgrenzung zum Koalitionspartner. Bei Zweiteren sind Sie der Wortführer.

Nennen Sie mir ein böses Wort, seit Christian Kern Bundeskanzler ist.

Sie haben ihm gleich zu Beginn angebliche Misserfolge als Manager vorgehalten.

Das war zu einem Zeitpunkt, als der Herr Bundeskanzler noch nicht Bundeskanzler war.

Wie beurteilen Sie seine Arbeit?

Nach einigen Wochen kann es kein abschließendes Urteil geben.

Geht es in die richtige Richtung?

Was beschlossen wurde, ja – etwa das Start-up-Paket oder die Beschlüsse im Bildungsbereich. Wenn es nicht in die richtige Richtung geht, wird die ÖVP das nicht zulassen. Das wäre etwa, die Obergrenze bei Flüchtlingen aufzugeben.

Hat sich die Zusammenarbeit in der Regierung verbessert?

Auf SPÖ-Seite hat es durchaus eine Verbesserung gegeben, wenn ich an Kanzleramtsminister Thomas Drodza oder an Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil denke.

Den Namen Muna Duzdar haben Sie jetzt nicht genannt.

Von der habe ich bisher noch keinen Beitrag bemerkt, der zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit führt.

Der Führungswechsel in der SPÖ war eine Reaktion auf die Bundespräsidentenwahl. Warum gibt es bei der ÖVP keine Reaktion?

Eine Bundespräsidentschaftswahl ist immer eine Persönlichkeitswahl, und es sind im Wahlkampf Fehler gemacht worden. Ich bedauere sehr, dass Andreas Khol nicht in die Stichwahl gekommen ist. Aber ich löse dieses Problem nicht, indem ich in der Regierungsmannschaft Änderungen vornehme.

Muss sich die ÖVP nicht grundsätzlich ändern, damit sie nicht bald bei zehn Prozent landet?

Die ÖVP muss sich auf ihre Grundsätze besinnen. Wenn wir konsequent für Leistung, für Eigentum eintreten, wenn wir unsere Familien stärken und in der Sicherheitspolitik Polizei und Bundesheer personell und finanziell gut ausstatten, dann ist die ÖVP unschlagbar.

Auf den Punkt gebracht: Die ÖVP braucht einen kantigen konservativen Kurs.

Ein konsequenter grundsatzorientierter Kurs trifft hundertprozentig die Stimmungslage bei einem Großteil der Bevölkerung.

Wen wünschen Sie sich als nächsten Bundespräsidenten?

Das werden die Österreicherinnen und Österreicher entscheiden.

Schwarz-Blau ginge bei Norbert Hofer leichter.

Wir haben bei Thomas Klestil gesehen, welche Rolle der Bundespräsident dabei spielt. Der Präsident kann keine Regierungsbildung verhindern, wenn jemand eine Mehrheit im Parlament hinter sich hat.

Mit Schwarz-Blau ließen sich Ihre gesellschaftspolitischen Vorstellungen leichter umsetzen als jetzt mit Rot-Schwarz.

Für die ÖVP ist entscheidend, dass wir von dem, was uns wichtig ist, möglichst viel möglichst rasch umsetzen können.

Mit wem, ist egal?

Ich würde keinen Partner ausschließen. Wir wissen auch nicht, unter welchen Rahmenbedingungen in dieser unruhigen Welt wir 2018 diese Wahl schlagen und welche Parteien in welcher Stärke vertreten sein werden.

Würde die ÖVP auch den Juniorpartner in einer blau-schwarzen Regierung spielen?

Das Ziel der ÖVP kann nur sein, Erster zu werden. Jedes andere Ziel hielte ich für verfehlt.

Schließen Sie aus, einen Kanzler Strache zu unterstützen?

Die Frage stellt sich nicht, denn da sind so viele Wenns vorher. Wissen wir, ob Strache FPÖ-Spitzenkandidat ist?

Ein Kanzler Norbert Hofer?

Da ist schon wieder ein Wenn dazugekommen. Wenn so viele Prämissen nicht feststehen, hat eine Antwort keinen Wert. Es ist im Moment mehr in Bewegung, als manchen bewusst ist.

Das mag sein: Italien zeigt, dass auch große Parteien auf einmal verschwinden können.

Das schließe ich für die ÖVP aus, weil die Volkspartei zwei Drittel der Bürgermeister und zwei Drittel der Landeshauptmänner stellt. Allein diese Stärke macht es unmöglich, dass unsere Partei verschwindet.

Können Sie auch ausschließen, dass Sebastian Kurz der nächste Spitzenkandidat wird?

Es ist viel zu früh, darauf eine Antwort zu geben.

(Print-Ausgabe, 16.07.2016)

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