Rupprechter eckt bei Rot und Schwarz an

Minister Rupprechter als Pferdeflüsterer
Minister Rupprechter als Pferdeflüsterer(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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So öffentlich präsent war Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter schon lange nicht mehr. Doch ob Allergene, Diesel oder Bauernrabatt – er eckt damit bei Rot und Schwarz an.

Andere Regierungskollegen von SPÖ und ÖVP sind längst auf Urlaub, Andrä Rupprechter kommt das zupass. Der ÖVP-Landwirtschaftsminister nützte die Gelegenheit: ob höhere Besteuerung für Diesel, Zusammenstreichen der Allergenverordnung zwecks leichterer Lesbarkeit der Speisenkarten oder Senkung der Sozialversicherung als Hilfe für die Milchbauern – aufgefallen ist er in den vergangenen Tagen auffallend oft. Nur in den Monaten nach seinem Amtsantritt im Dezember 2013 war der Mann mit dem kernigen Tiroler Charme mit so manchem flotten Spruch noch stärker öffentlich präsent gewesen.

Damals, in der für die Volkspartei recht öden (End-)Zeit von Parteichef Michael Spindelegger sahen manche in ihm schon einen möglichen ÖVP-Obmannkandidaten. Dann war für lange Zeit jedoch Schluss mit lustig. Ganz besonders, als Reinhold Mitterlehner Ende August 2014 die ÖVP-Führung übernahm, selbst den „Django“ gab und kein Solo anderer duldete.

Liegt der verstärkte öffentliche Auftritt Andrä Rupprechters daran, dass die ÖVP nun in Umfragen wie vor zwei Jahren wieder um die 20-Prozent-Marke herumkrebst – und manche schon das Ende Mitterlehners nahen sehen und auf Außenminister Sebastian Kurz als neues schwarzes Zugpferd umgesattelt haben?

Zu Spindeleggers Zeiten inszenierte sich der 55-jährige Bauernbündler Andrä Rupprechter als Liberaler, der für die Gleichstellung Homosexueller eintritt, was der ÖVP-Spitze gar nicht gefiel. Mit seinem Eintreten – im Gespräch mit der „Presse“ – für eine Abschaffung des Steuervorteils für Dieselfahrzeuge, die das Autofahren für viele Österreicher teurer machen würde, machte er sich am vergangenen Donnerstag in der ÖVP ebenfalls nicht unbedingt viele Freunde. In der „Kronen Zeitung“ beeilte er sich dann am Samstag zu betonen, dass es dadurch keine Mehrbelastung geben solle.

Der Umweltminister lieferte zwar handwerklich eine einwandfreie Begründung, warum der Steuerbonus für den Diesel gegenüber Benzinfahrzeugen aus umweltpolitischer Sicht „nicht zu rechtfertigen ist“. Der Zeitpunkt hätte dennoch kaum ungünstiger sein können. Die letzte Steuerreform ist erst seit einem halben Jahr in Kraft, eine größere Umstellung mit einem Ökosteuerpaket weit weg.

Was in der ÖVP vor allem politisch-taktisch als Eigentor erachtet wird, ist der Umstand, dass Rupprechter den Plan für höhere Steuern ausgerechnet jetzt zur Diskussion stellt. Denn die Mitterlehner-ÖVP hat in der parteieigenen Sommerwerbekampagne in diesen Tagen die weitere Entlastung der von der Regierung frustrierten Österreicher gestartet.

„Buchstabensalat“ beim Wirt

Für Kopfschütteln hat eine andere Aktion des flinkzüngigen Landwirtschaftsministers gesorgt. Er wünschte sich ein Ende des „Buchstabensalates“ auf den Speisenkarten in heimischen Gaststätten, also der Allergenverordnung.

Die zuständige Gesundheitsministerin, Sabine Oberhauser (SPÖ), erfuhr aus den Medien von Rupprechters Vorhaben mit der Allergenverordnung. Sie sah auch keinen Sinn darin, die Verordnung nach nur eineinhalb Jahren schon wieder zu ändern. Schließlich ist sie nach dem Aufschrei der Wirte und Gaststättenbetreiber über die Änderung für Raucher in den Lokalen ohnehin ein gebranntes Kind. Also wurde das Rezept des Landwirtschaftsministers gleich einmal zurück in die Schublade verbannt.

Ähnlich verblüfft war der Koalitionspartner SPÖ, als Rupprechter als vorübergehende Hilfe für die Bauern, die unter dem niedrigen Milchpreis leiden, eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge hinausposaunte. Dabei musste dann erst Reinhold Mitterlehner sein ganzes politisches Gewicht als Vizekanzler in die Waagschale werfen, damit neben der neuen Bankenabgabe von der SPÖ das 170-Millionen-Euro-Paket durch die Stundung von Beiträgen für die Bauern in stundenlangen Verhandlungen zähneknirschend hingenommen wurde. Wobei Rupprechter den Widerstand der SPÖ darauf zurückführt, dass es dort „einen Grundvorbehalt gegen alles, was die Landwirtschaft betrifft“, gebe.

Die einen, die Wohlmeinenden in der Koalition, führen den Aktivitätsschub darauf zurück, dass SPÖ und ÖVP generell neuen Schwung signalisieren wollen. Die anderen, die weniger Wohlmeinenden, sehen darin eher Ablenkungsmaßnahmen von politischen Problemzonen wie den Umwelt- und Klimavorgaben, die der Umweltminister nicht erfüllen könne.

Zum Einstand, bei seiner Angelobung im Dezember 2013, war Rupprechter mit seinem Zusatz zur Gelöbnisformel „So wahr mir Gott helfe, und vor dem heiligen Herzen Jesu Christi“ aufgefallen. Unter Mitterlehners Obmannschaft war er dann wesentlich zugeknöpfter. Das änderte freilich nichts daran, dass immer dann, wenn es um mögliche Regierungsumbildungen ging, geraunt wurde, der Tiroler müsse der Kärntner EU-Abgeordneten Elisabeth Köstinger, die unter Mitterlehner zur Vizeparteichefin aufgerückt ist, im Landwirtschaftsressort Platz machen.

ÖVP-Pendant zu Stöger

Mittlerweile ist der frühere Brüsseler Spitzenbeamte eine Art ÖVP-Pendant zu Sozialminister Alois Stöger. Dieser wurde auch ständig als Ablösekandidat herumgereicht – hat aber inzwischen im Sozialressort seinen dritten Ministerposten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.07.2016)

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