Vom Wählen ausgeschlossen: "Anfechtung möglich"

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Rund 30.000 Personen werden, obwohl theoretisch wahlberechtigt, am 2. Oktober nicht zur Stichwahl zugelassen. Verfassungsrechtler sehen darin einen möglichen Anfechtungsgrund, sollte sie knapp ausgehen.

Am 2. Oktober sind neuerlich 6.382.507 Wahlberechtigte aufgerufen, einen neuen Bundespräsidenten zu wählen. Mit dem zweiten Stichwahl-Termin (der Urnengang am 22. Mai, aus dem Alexander Van der Bellen als Sieger hervorgegangen war, ist bekanntlich aufgehoben worden), könnte es auch eine zweite Möglichkeit der Anfechtung geben. Wie der „Kurier“ am Mittwoch in seiner Online-Ausgabe berichtet, sollen Verfassungsrechtler nämlich eine Lücke entdeckt haben, die ein knappes Wahlergebnis neuerlich kippen könnte.

Konkret geht es dabei um jene Personen, die seit dem letzten Urnengang im Mai 16 Jahre alt geworden sind oder die Staatsbürgerschaft erhalten haben, aber nicht zur Abstimmung zugelassen werden. Denn, die Zahl der Wahlberechtigten wurde vor dem ersten Wahlgang vom Innenministerium bestimmt - und bleibt aufrecht.

Laut dem „Kurier“ werden deshalb rund 30.000 Personen, die nun 16 Jahre alt werden und theoretisch wahlberechtigt wären, von der Wahl ausgeschlossen. Der Jurist Alfred Noll sieht darin eine Möglichkeit der Anfechtung. „Es widerspricht dem Grundsatz des allgemeinen und gleichen Wahlrechts“, wird er vom „Kurier“ zitiert. Seiner Ansicht nach sei „die Wiederholungswahl wie eine neue Wahl festzusetzen“. In der Konsequenz sei damit auch das Wählerverzeichnis zu aktualisieren. Dieser „,staatlich-gerichtliche Ausschluss‘ von circa 30.000 Personen vom Wahlrecht ist der historisch größte Rückschlag beim allgemeinen Wahlrecht, den die Republik Österreich je erlebt hat“, so Noll.

Verfassungsrechtler Theo Öhlinger ortet ein weiteres Problem: „Der neue Wahltermin wurde auch sehr spät angesetzt. Es ist nicht auszuschließen, dass ein Kandidat aufgrund dessen eine Anfechtung versucht.“

Innenministerium: Lage ist „völlig eindeutig“

Im Innenministerium wird die Einschätzung nicht geteilt. Für Robert Stein, Leiter des Bundeswahlbehörde, ist die Lage „völlig eindeutig“ und im Bundespräsidentenwahlgesetz, Paragraph 20 Absatz 1 festgeschrieben. Dort heißt es: „Die dem ersten Wahlgange zugrunde gelegten Wählerverzeichnisse sind unverändert auch dem zweiten Wahlgang zugrunde zu legen.“ Und sollte diese Wahl ebenfalls wiederholt werden müssen, gilt laut Absatz 3 des Paragraphen selbiges. Bezug genommen wird in diesem auf die Paragraphen 18 und 19. Nun schreibt aber der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in seinem Erkenntnis: „Obgleich die §§ 18 und 19 BPräsWG Bestimmungen über die Anordnung eines zweiten Wahlganges enthalten, sind diese auf eine Wiederholungswahl nicht anwendbar“.

Geht es nach dem Verfassungsrechtler Heinz Mayer, wären weder der VfGH noch der Innenminister dazu berechtigt, die Wählerevidenz zu aktualisieren. Dennoch sieht auch er es als problematisch an, dass so viele Menschen von der Wahl ausgeschlossen werden: „Das Gesetz hätte geändert werden müssen, ich kann nicht ausschließen, dass es verfassungswidrig ist“, wird er zitiert.

>>> Bericht im "Kurier"

(Red.)

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